[Rezension] Das Flüstern der Feigenbäume

by - August 23, 2024

(© Argon)

Das Flüstern der Feigenbäume*
von Elif Shafak
Gelesen von Eva Mattes & Joachim Schönfeld

Bewertung: ★★☆☆☆

Historical Fiction, Audiobook,
Spieldauer: 11 Stunden und 56 Minuten
Erscheinungsdatum: 27. Oktober 2021
Verlag: Argon


* Gehört auf audioteka.com/de [Werbung]. (2 Wochen kostenloses Probeabo möglich)


Inhaltsangabe:
Im Jahr 1974 befindet sich Zypern kurz vor dem Bürgerkrieg. Eine Taverne, betrieben von einem schwulen Paar, ist der einzige Ort, an dem sich der Grieche Kostas und die Türkin Defne treffen können. Einzig ein prachtvoller Feigenbaum im Innenhof der Taverne ist Zeuge ihrer glücklichen Begegnungen und ihrer stillen Abschiede. Der Feigenbaum ist auch da, als der Krieg ausbricht, als Menschen auf der ganzen Insel spurlos verschwinden.
In der Gegenwart steht der Baum im Garten von Kostas und seiner 16-jährigen Tochter Ada in London. Ada weiß nichts von ihrer Heimat, Kostas hüllt sich in Schweigen, wenn es um seine Vergangenheit geht und die seiner verstorbenen Frau, Defne. Doch Ada forscht nach: Was verbirgt sich hinter dem Schweigen ihres Vaters? (© Argon)

Meine Meinung:

In diesem Hörbuch können wir zwei Geschichten auf unterschiedlichen Zeitebenen erleben. Zum einen verfolgen wir die Liebesgeschichte zwischen Kosta und Defne in den 1970er Jahre in Zypern, auf der anderen Seite lernen wir in der Gegenwart Ada kennen, die inzwischen 16-jährigen Tochter der beiden Liebenden, die in London lebt.
Nebst diesen beiden Handlungssträngen, gibt es im Buch auch noch eine für mich überraschende dritte Perspektive: Die eines Feigenbaums.

Obwohl mich die Inhaltsangabe angesprochen hat und der Einstieg in die Geschichte neugierig gemacht hat, konnte mich die Erzählung letztendlich leider überhaupt nicht packen. Man merkt es meiner knappen, wenig aussagekräftigen Beschreibung des Inhalts im ersten Abschnitt vielleicht an, denn ich kann gar nicht viel mehr zum Buch sagen, als da steht. Die Erzählung war überraschend ereignislos und es fehlt ihr an einem roten Faden, die einen zum Weiterlesen bringt. Kostas und Adas Geschichte plätschert vor sich hin, ohne dass klar wird, wohin die Autorin mit der Handlung hin will.

Erschwerend kamen die ständigen Unterbrüche des Feigenbaums dazu. Es ist sicher eine innovative Idee, einen Baum lebendig werden zu lassen, indem man ihm menschliche Gefühle und eine Stimme gibt. Aber eigentlich fand ich da Ganze einfach nur unnötig und absurd.
Der Feigenbaum hat erstaunlich viel zu erzählen. Aber enttäuschenderweise war davon nur wenig für die eigentliche Story von Relevanz, sodass die Kapitel mit zunehmend genervt haben, weil sie so lächerlich waren. Um ein Beispiel zu nennen: Relativ zu Beginn des Buches betreibt der Feigenbaum eine Art Selbstbeweihräucherung und stellt sich und seine Artgenossen selbst auf ein Podest, indem der Baum erzählt, dass der berühmte Apfelbaum aus der Bibel, der Adam und Eva zum Verhängnis geworden sein soll, gar kein Apfelbaum war, sondern - wait for it - natürlich ein Feigenbaum.
Okay. Whatever.

Abgesehen von den fehlenden Ereignissen, hat mich auch der Schreibstil enttäuscht, der sich sehr distanziert angefühlt hat und bei mir keinerlei Emotionen wecken konnte. Das Zuhören hat sich nicht so angefühlt, als würde ich hautnah miterleben, was Kosta, Defne oder Ada erleben und fühlen, sondern als würde ein unbeteiligter Erzähler die Erlebnisse schildern.
Auch die beiden Sprecher:innen haben mich dieses Mal nicht überzeugt. Sie lesen zwar professionell vor, aber besonders die Stimme und Erzählweise des männlichen Sprechers empfand ich als emotionslos und langweilig. Sie hat mich eher an die Erzählung aus Dokus erinnert. Aber vielleicht lag das auch einfach am Material, das er vorgelesen hat. Mir haben die Gefühle und die Lebendigkeit gefehlt.

Mein Desinteresse ist letztendlich so gross geworden, dass ich die letzten 1.5h des Hörbuchs nicht mehr gehört hatte, weil es mir schlichtweg egal war, wie es ausgeht. Es war ja nicht so, als wäre ein Spannungsbogen aufgebaut worden, der eine Auflösung am Ende bereitgehalten hätte.

Fazit:

"Das Flüstern der Feigenbäume" konnte mich leider nicht überzeugen, obschon ich historische Romane mit mehreren Zeitebenen eigentlich mag. Der Handlung fehlt es an einem roten Faden und der Schreibstil war mir zu emotionslos und distanziert, sodass ich keinen Zugang zu den einzelnen Charakteren gefunden habe. Zudem fand ich die Idee, einen Feigenbaum zu vermenschlichen zwar innovativ, aber die Umsetzung war absurd und hat der Story aus meiner Sicht keinen Mehrwert gegeben.
Vielleicht versuche ich es irgendwann noch mit einem anderen Buch der Autorin, aber dieses hier hat mich bedauerlicherweise sehr enttäuscht und gelangweilt. 2 Sterne gibt es von mir.

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2 Kommentare

  1. Huhu Mel,

    ich habe mich schon beim Lesen des Klappentextes gefragt, ob die Geschichte aus Sicht des Feigenbaumes erzählt wird. Und ich war schon hier skeptisch, wie gut diese Erzählweise funktioniert.

    Ich musste bei deiner Rezension an einer Stelle so lachen. Und zwar bei diesen Zeilen: Der Feigenbaum hat erstaunlich viel zu erzählen. :o))) Du berichtest davon, dass der Feigenbaum auch durchaus einen Charakter zeigt, indem er sich im Folgenden selbst beweihräuchert. Also ich muss schon sagen, wenn man deine Rezension so liest, dann klingt die Geschichte schon wieder so skurril, dass sie neugierig macht. Aber ich ahne, dass sich die Realität, steckt man erstmal im Buch drin, dann doch anders abzeichnet.

    Sehr schade finde ich hier schon, dass der Klappentext eigentlich fast alles verrät und es dann auch noch nicht mal einen roten Faden gibt.

    Ich danke dir für diesen wirklich interessanten Einblick in ein Buch, das mir (mal wieder) noch gar nichts sagte.

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

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    1. Schön, dass dich meine Rezension zum Lachen bringen konnte. :D Eigentlich ist es auch so absurd, dass dieser Feigenbaum sprechen kann, dass Lachen die richtige Reaktion ist. :D

      Ja, hier bietet das Buch aus meiner Sicht tatsächlich nicht viel mehr, als der Klappentext bereits verrät. Und das fand ich schade.

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