(© Lyx) |
Felix Ever After*
von Kacen Callender
Bewertung: ★★★★★
YA Contemporary Romance, 353 SeitenErscheinungsdatum: 29. Oktober 2021
Verlag: Lyx
*Digitales Rezensionsexemplar von Netgalley. Danke an den Lyx Verlag.
Inhaltsangabe:
Der siebzehnjährige Felix Love war noch nie verliebt - die Ironie daran geht ihm selbst ziemlich auf die Nerven! Seine größte Angst ist es, dass sich niemand in ihn verlieben wird, weil er einfach zu viele Ausschlusskriterien erfüllt. Braune Haut, queer und trans - die Vorstellung, dass er deshalb nicht liebenswert ist, lässt ihn in Schockstarre verweilen. Doch als Felix transfeindliche Instagram-Nachrichten bekommt, nachdem sein Deadname zusammen mit Fotos von ihm vor seiner Transition in der Schule veröffentlicht wurde, wird es für ihn endlich Zeit zu handeln. Felix schreibt seinem vermeintlichen Peiniger zurück, um herauszufinden, wer ihm das angetan hat, und verstrickt sich dabei in einem Netz aus ungeahnten Gefühlen, Identitätssuche und wahrer Freundschaft ...
Meine Meinung:
Eine kurze Anmerkung vorweg: Ich werde für den Autor Kacen Callender in meiner Rezension die Pronomen "er/ihm" verwenden, da es für "they/them" leider noch kein deutsches Äquivalent gibt, das sich etabliert hat und Callender in der Danksagung seines Buches selbst schreibt, dass er neben "they/them" auch die Pronomen "er/ihm" verwendet.Dieses Buch wollte ich ursprünglich schon in der englischen Originalfassung lesen, nachdem es auf Goodreads so herausragende Bewertungen bekommen hat, doch leider habe ich nie die Zeit dafür gefunden. Als vor kurzem schliesslich die deutsche Übersetzung erschienen ist, konnte ich nicht länger widerstehen!
Bei dem Buch handelt es sich um einen Own Voice Roman, indem der Autor Kaden Callender, der selbst transgender und nonbinär ist, seine eigenen Erfahrungen miteinfliessen lässt. Im Mittelpunkt des Buches steht der 17-jährige Felix, der sich im Abschlussjahr an der High School befindet und in Kürze aufs College gehen möchte. Neben seinen Zukunftsplänen, befindet sich Felix auch auf Identitätssuche. Bislang hat er als geouteter transgender Mann gelebt, doch er merkt nach und nach, dass er sich nicht ganz als trans Mann identifizieren kann. Und als wäre das nicht schon schwierig genug, wird er noch dazu von einer unbekannten Person aus seiner Schule gemobbt. Der:die offensichtlich transphobe Mobber:in stellt Felix bloss, indem er:sie Fotos vor seiner Transition und seinen Deadname in der Schule für alle zur Schau stellt und beleidigt ihn anschliessend aufs Übelste anonym auf Social Media aufgrund seines Genders.
Irgendwann hat Felix genug und er meint in Dylan, einem seiner Mitschüler, den vermeintlichen Übeltäter zu kennen. Felix schmiedet einen Racheplan und erstellt einen anonymen Social Media Account, um so mit Dylan in Kontakt zu treten, und sich an ihm zu rächen, sobald er die Bestätigung dafür erhalten hat, dass es sich tatsächlich um den Mobber handelt. Doch je länger Felix mit ihm schreibt, desto mehr muss er feststellen, dass er sich in Dylan getäuscht hat. Und zwischen den beiden entwickelt sich plötzlich etwas, das Felix niemals erwartet hätte...
Ich muss ehrlicherweise zugeben, dass mich das Buch aufgrund der Thematik sehr angesprochen hat, ich aber niemals eine so wahnsinnig einnehmende, emotionale Geschichte erwartet hätte. Ich fand es eine vortreffliche Wahl von Callender, die Handlung aus der Ich-Perspektive zu erzählen, denn dadurch konnte ich zu jedem Zeitpunkt nachempfinden, wie Felix die entsprechenden Situationen gerade erlebt. Die Ich-Erzählperspektive hat es ermöglicht, dass die komplexe Auseinandersetzung und die vielen Gefühle, Ängste und Sorgen, die damit einhergehen, auch für aussenstehende Leser:innen erlebbar gemacht wurden.
Die Handlung an und für sich ist an vielen Stellen sehr typisch für das Young Adult Genre und gerade der Anfang, mit dem anonymen Chat mit Dylan, hat mich zunächst sehr an "Love, Simon" erinnert. Zum Glück schlägt der Autor aber nach einiger Zeit einen ganz anderen Weg ein, und es tritt eine Person aus Felix Leben in den Vordergrund, die plötzlich eine ganz andere Rolle einnimmt, als Felix - und auch ich - erwartet hätten. Ein schöner Twist, der mir Gänsehaut beschert hat!
Neben Felix treten im Buch auch einige Nebencharaktere auf, wovon die meisten Mitschüler:innen oder Freund:innen des Protagonisten sind. Leider zeigen die meisten Nebencharaktere im Laufe der Handlung problematische Seiten auf, sodass es sehr wenige Personen gab, die mir wirklich sympathisch waren. Die Krone setzt dem ganzen wohl Marisol auf, die so woke ist, dass sie Felix vorwirft, sein Outing als transgender Mann und seine Entscheidung für eine Transition als Frau zu einem Mann, sei als frauenfeindlicher Akt zu verstehen, da es scheinbar nichts Frauenfeindlicheres gäbe, als sich zu entscheiden, ein (trans) Mann zu sein. Ich wusste nicht, ob ich darüber lachen soll, weil dieser Vorwurf so lächerlich und absurd ist oder ob ich wütend über so viel Dummheit sein sollte. Aber vermutlich gibt es da draussen tatsächlich Menschen, die so woke sein wollen, dass sie den Bezug zur Realität verlieren und dann solche absurden Vorwürfe vom Stapel lassen.
Das Buch punktet insgesamt definitiv damit, dass es ein Own Voice Roman ist, denn Callender ist es wirklich unglaublich gut gelungen, mich als Leserin mitfühlen zu lassen und einen Einblick in das innere Erleben einer Person zu geben, die nonbinär ist. Das ist nämlich ein Thema, mit dem ich bisher wenig Berührungspunkte hatte und ich fand es schön, dass der Autor ein solches Thema in den Vordergrund stellt. Ich könnte mir vorstellen, dass es für viele junge Menschen einen Halt sein kann, die sich in Felix und seinen Erlebnissen wiedererkennen. Callender selbst berichtet in der Danksagung ebenfalls, dass ihm damals erst durch eine Serie so richtig klar geworden ist, dass er sich nicht als das biologische Geschlecht fühlt, mit dem er geboren wurde. Das zeigt, wie wichtig es ist, dass die Repräsentation von Diversität in Literatur und Film und Fernsehen sehr wichtig sind. Und das ist hier auf allen Ebenen gelungen.
Zuletzt bleibt noch kurz zu erwähnen, dass "Felix Ever After" das erste Buch war, das ich gelesen habe, das durchgängig eine genderneutrale Sprache verwendet. Das ist ja etwas, das ich meinen Rezensionen schon lange mache. Zu Beginn war es natürlich etwas gewöhnungsbedürftig, aber nach wenigen Seiten fällt es kaum mehr auf, sodass auch andere Verlage und Autor:innen zukünftig den Mut haben, eine inklusive Sprache zu wählen. Und ich hoffe, dass sich vielleicht bald noch ein deutsches Äquivalent für they/them finden lässt, das sich etabliert.
Fazit:
"Felix Ever After" ist ein Own Voice Roman von Kacen Callender, der sich mit der Auseinandersetzung der eigenen Geschlechtsidentität befasst und die Geschichte eines transgender Mannes erzählt, der herausfindet, dass er wahrscheinlich nonbinär ist. Die Handlung wird aus der Ich-Perspektive erzählt und ist damit absolut einnehmend, weil man Felix Gefühle in jeder Situation miterleben kann. Callender greift in seinem Buch viele wichtige Themen auf und setzt sie (vermutlich aufgrund seiner eigenen Erfahrung) sehr authentisch um - dazu gehören leider auch Erfahrungen mit Transphobie und Mobbing. Alles in allem aber ein wichtiger, absolut empfehlenswerter Own Voice Roman, der absolut verdient Diversität repräsentiert. Von mir gibt es 5 Sterne und eine Leseempfehlung!
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