[Rezension] Vorsehung

by - August 08, 2025

(© Argon)

Vorsehung* 
von Liane Moriarty
Gelesen von Heike Warmuth 

Bewertung: ★★★☆☆ 

Fiction, Audiobook 

Spieldauer: 15 Stunden und 11 Minuten
Erscheinungsdatum: 09. Mai 2025
Verlag: Argon


*Rezensionsexemplar von Netgalley. Vielen Dank an den Argon Verlag. 

Inhaltsangabe:
Es ist ein ganz gewöhnlicher Flug nach Sydney – bis kurz vor der Landung eine alte Lady von ihrem Platz aufsteht. Langsam geht sie durch die Reihen, bleibt bei jedem einzelnen Passagier stehen und sagt schreckliche Dinge wie: »Dich erwartet einen tödlichen Arbeitsunfall mit 43«, »Dich erwartet Pankreaskrebs mit 66« oder »Dich erwartet Tod durch Ertrinken mit 7«.

Ist sie eine Hellseherin? Oder eine Verrückte? Was, wenn ihre Prophezeiungen tatsächlich eintreffen? Für alle Fluggäste stellen sich ab diesem Moment dieselben existentiellen Fragen: Gibt es ein Schicksal, und was wäre, wenn wir es verändern könnten? Was würde geschehen, wenn wir anfangen würden, unsere Träume tatsächlich zu verwirklichen?

Ob die »Death Lady« nun ein magisches Geheimnis hat oder nur die Statistik auf ihrer Seite – das Leben der Passagiere gerät bald auf völlig unerwartete Weise für immer aus den Fugen …

Meine Meinung:

Auf einem Flug nach Sydney steht eine ältere Dame plötzlich auf und läuft durch die Reihen und nennt ungefragt jedem und jeder Passagier:in in welchem Alter die jeweilige Person sterben wird und auch die Todesumstände. 
Dies löst verständlicherweise unterschiedliche Reaktionen aus. Während einige das Ganze belächeln und für einen Scherz halten, reagieren andere eher ängstlich oder verschreckt.
Einige Zeit nach dem Flug werden dann tatsächlich einige wenige Tode bekannt, die sich bewahrheitet haben, sodass nun auch die letzten Skeptiker Zweifel bekommen, ob es sich nicht doch um wahre Voraussagen gehandelt hat. Und sie müssen sich allmählich mit der Vorstellung anfreunden, dass ihr Tod näher kommt und sie genau wissen, wann und woran sie sterben werden...

Dieser vielversprechende Einstieg in das Buch hat mich wirklich wahnsinnig neugierig gemacht und hat so viel Potenzial für ein interessantes Gedankenexperiment beinhaltet: Was geschieht, wenn wir plötzlich das Alter kennen würde, in dem wir sterben und die Todesumstände? Welchen Einfluss hätte dies auf unser Leben? Würden wir unser Leben anders leben? Würden wir so weitermachen, als wäre nichts?
Fragen über Fragen, die vermutlich auch spannende philosophische Diskussionen bieten würde und auch mich selbst zum Nachdenken angeregt hat.

Nur leider hatte ich dann im weiteren Verlauf den Eindruck, dass das Potenzial dieser spannenden Idee nicht ausgeschöpft wurde. Ein grosses Hauptproblem habe ich darin gesehen, dass es einfach zu viele unterschiedliche Personen gab, deren Leben im Buch beleuchtet wurde. Dass die Autorin als Setting für die Ausgangslage ein volles Flugzeug gewählt hat, war aus meiner Sicht eher suboptimal, denn dadurch waren einfach viel zu viele Leute von den Prophezeiungen betroffen, die im Nachgang dann auch in der weiteren Geschichte verfolgt werden mussten. Das hat die Geschichte einerseits sehr in die Länge gezogen und andererseits trotzdem nur ausgereicht, um einen sehr kurzen Einblick in das Leben der "Todeskandidat:innen" zu bekommen, was dazu geführt hat, dass mir letztendlich die Tiefe gefehlt hat – sowohl was die Charaktere, als auch der Plot an sich angeht. Und das war wahnsinnig schade, bei einem solchen Thema, das so viel Tiefgründigkeit bieten würde.
Erschwerend kam hinzu, dass ich das Hörbuch gehört habe, was es meiner Meinung nach noch schwieriger gemacht hat, den Überblick über all die Namen zu behalten. Ich habe mich ständig während des Zuhörens gefragt "wer war das nochmal?" und konnte mich an einige Personen aus dem Flugzeug gar nicht mehr erinnern, sodass mir deren vermeintliches Schicksal nicht sonderlich naheging.

Ein grosser Teil der Erzählung nimmt auch die Hintergrundgeschichte der vermeintlichen Wahrsagerin ein, wobei retrospektiv nach und nach aufgedeckt wird, wie es zu diesem schicksalshaften Flug gekommen ist und welche Umstände die Protagonistin vermutlich zu ihren Prophezeiungen gebracht haben.

Der rote Faden, der sich durch das Buch zieht, ist vor allem die Frage, ob die Prophezeiungen nun echt sind, oder nicht.
Die Frage wird am Ende auch beantwortet und hat mich dann tatsächlich etwas überrascht, weil ich die "Auflösung" tatsächlich nicht so erwartet hatte. Die Überraschung ist allerdings nicht nur positiv zu werten, denn der Schluss war für meinen Geschmack dann unglaublich kitschig und konstruiert, aber immerhin erhalten wir ein rundes Ende. 

Die Sprecherin des Hörbuchs hat mir wiederum gut gefallen und hatte eine sehr angenehme Erzählweise. Auch der Schreibstil war sehr flüssig, sodass man der Handlung insgesamt gut folgen konnte.

Fazit:

Eine interessante Idee, die leider nicht ganz überzeugend umgesetzt wurde. Das Thema mit dem vorhergesagten Todeszeitpunkt lässt viel Raum für eigene Reflexionen und wie man selbst damit umgehen würde, aber die Autorin hätte sich auf 2–3 ausgewählte Personen fokussieren sollen, da dadurch die Geschichte mehr in die Tiefe hätte gehen können. Von mir gibt es deshalb 3 Sterne für ein eher durchschnittliches Buch.

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2 Kommentare

  1. Hallo liebe Mel,
    ich muss sagen, dass ich bereits bei deinen ersten Worten in der Rezension dachte: Wow! Das ist ja ein wahrer Albtraum. Ob wahr oder nicht, ich möchte auf keinen Fall wissen, wann und wie ich oder irgendeiner, den ich kenne sterben wird. Das ist ja unglaublich belastend und ich fürchte, man denkt dann ständig darüber nach und kommt gar nicht mehr zur Ruhe.

    Wie du schon so schön schreibst: Das Thema trägt eine Menge Potenzial in sich. Schade ist, dass es hier dann aber nicht so gut genutzt wurde und das Ende sogar kitschig und konstruiert daherkam.

    Neugierig gemacht hast du mich allemal.

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

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    1. Huhu Tanja

      Spannend, dass du dir direkt so sicher bist, dass du das niemals wissen möchtest und ich kann deine Begründung total verstehen. Ich stimme dir zu, dass es im ersten Moment erschreckend wirkt (vor allem wenn man es ungefragt erfährt - das ist ein No Go). Aber ich habe mir während dem Hören die Frage auch immer wieder durch den Kopf gehen lassen und frage mich dann doch, ob es nicht auch etwas Positives hätte und einige Menschen vielleicht dazu bringt, ihr Leben anders zu leben: Sachen endlich zu machen, die man schon ewig aufgeschoben hat, weil man ja immer denkt, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist, und man ja immer später noch Zeit dafür hat - egal was: Reisen, eine Familie gründen, ein Haus bauen, ein neues Hobby anfangen, ganz egal was.
      Ich denke, es könnte auch eine Art "Carpe Diem" Mentalität auslösen: Sich nicht mehr so sehr über Kleinigkeiten aufregen, sondern jeden Tag bewusst geniessen. Oder man quält sich dann nicht jeden Tag zur Arbeit, sondern kündigt seinen Job und geniesst seine letzten Momente noch bewusst, indem man das Ersparte verprasst und um die Welt reist, usw. usf.
      Ob ich es wissen wollen würde, kann ich nicht abschliessend klar beantworten. Aber für mich ist das Gedankenexperiment wahnsinnig spannend, weil es für mich nicht so klar ein No Go wäre, sondern durchaus auch positive Seiten hätte, mein Leben mehr zu geniessen. :D

      Sagen wir, man weiss nicht, dass man z.B. schon mit 40 sterben wird. Dann wird man wohl bis 40 arbeiten gehen, ein 0815 Leben führen und eines Tages "tot umfallen". erfährt man es mit 30 aber, dann wird man die letzten 10 Jahren vermutlich viel anders, bewusster leben, mehr geniessen, nicht alles so ernst nehmen und nicht jeden Tag mit arbeiten verbringen. :D Waren die 10 Jahre dann besser oder schlechter? ;D

      Aber natürlich ist das nicht für jede:n etwas, da stimme ich zu. Besonders ängstliche Menschen werden dann wohl nur noch an ihren Tod denken können und auch nicht mehr geniessen können. :)

      Aber wie du siehst: ein spannendendes Thema. :)

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