[Rezension] Die Gabe

by - August 22, 2022

(© Fischer)

Die Gabe (Das Juwel #1)
von Amy Ewing

Bewertung: ★★★★☆

YA Dystopia, 448 Seiten
Erscheinungsdatum: 20. August 2015
Verlag: Fischer


Inhaltsangabe:
Violet Lasting ist etwas Besonderes. Sie kann durch bloße Vorstellungskraft Dinge verändern und wachsen lassen. Deshalb wird sie auserwählt, ein Leben im Juwel zu führen. Sie entkommt bitterer Armut und wird auf einer großen Auktion an die Herzogin vom See verkauft, um bei ihr zu wohnen. Eine faszinierende, prunkvolle Welt erwartet sie. Doch das neue Leben fordert ein großes Opfer von ihr: gegen ihren Willen und unter Einsatz all ihrer Kraft soll sie der Herzogin ein Kind schenken.
Wie soll Violet in dieser Welt voller Gefahren und Palastintrigen bestehen?
Als sie sich verliebt, setzt sie nicht nur ihre eigene Freiheit aufs Spiel. 

Meine Meinung:

Dieses Buch lag schon seit Jahren auf meinem SuB und im Zuge einer Challenge bin ich nun endlich dazu gekommen, es zu lesen - und bereue ein bisschen, so lange gewartet zu haben. Denn obwohl Amy Ewing Reihenauftakt der Juwel-Trilogie nicht perfekt ist, hat das Lesen dieser Dystopie unglaublich Spass gemacht und ich konnte das Buch kaum mehr aus der Hand legen.

Wie bei Dystopien üblich, zeichnet die Autorin in diesem Buch ein düsteres Zukunftsszenario einer Stadt, die durch verschiedene Adelsfamilien in unterschiedliche Stadtteile geteilt ist. Jede Adelsfamilie darf jeweils nur einen männlichen und einen weiblichen Nachkommen zeugen. Das Problem dabei ist jedoch, dass die adeligen Frauen unfruchtbar sind und sie dadurch keine eigenen Kinder austragen kommen. Und da kommen die sogenannten Surrogaten - also Leihmütter - ins Spiel, zu denen auch die Protagonistin Violet gehört, aus deren Sicht wir die Geschichte erleben.
Zu Beginn des Buches ist Violet gerade alt genug geworden, um bei der jährlichen Auktion als Surrogate versteigert zu werden. Da sie die drei Auspizien (magische Fähigkeiten, mit denen sie Dinge umfärben, verformen oder wachsen lassen kann) perfekt beherrscht und noch dazu ein Talent im Cello-Spielen aufweist, hat sie auf der Auktion einen hohen Stellenwert und wird letztendlich von der Herzogin des Sees für mehrere Millionen ersteigert. Die erhofft sich Grosses von Violet und weiht sie kurz nach der Ersteigerung in ihren Plan ein, dass sie mithilfe von Violets magischen Fähigkeiten die perfekte Tochter erzeugen möchte.
Im neuen Zuhause angekommen, muss Violet jedoch auf eine ziemlich harte Tour lernen, zu welchen bösartigen und widerwärtigen Mitteln die Adeligen greifen - nicht nur um ihren Nachwuchs zu erhalten, sondern auch um mögliche Konkurrentinnen auszuschalten. Sie ist schockiert, wo sie hineingeraten ist, doch zu ihrem Glück entpuppt sich ein Mensch in ihrem Umfeld als überraschender Verbündeter, der ihr verspricht, sie zu retten...

Die Idee des Buches ist nicht ganz neu und erinnert stark an "Handmaid's Tale", die einer meiner Lieblingsdystopien ist. "Das Juwel" ist aber, dem Young Adult Genre entsprechend, eine etwas abgeschwächte Form davon und setzt nicht auf brutale Vergewaltigungen, sondern auf künstliche Befruchtungen. Das macht das ganze Zukunftsszenario, das Erwing hier präsentiert, aber nicht weniger verstörend, denn besonders das hinterhältige, bösartige und durchtriebene Verhalten der Frauen des Adelsstandes, haben mir mehrmals vor Schock und Ekel den Mund offen stehen lassen.
Obwohl der Plot zunächst eher ruhig verläuft, schafft es die Autorin aber immer wieder zum richtigen Zeitpunkt neue Entwicklungen oder Enthüllungen einzubauen, die mich als Leserin bei der Stange gehalten haben.
Der Schreibstil ist dabei so flüssig, dass die Seiten nur so dahinfliegen. Erwing hat einen unglaublich bildhaften Erzählstil und schafft es dadurch, dass ich mir die Szenen aus dem Buch sehr gut vor meinem inneren Auge vorstellen konnte.

Am Ende des Buches überschlagen sich schliesslich die Ereignisse, wie es sich für einen guten Höhepunkt eines Plots gehört und der Schluss endet in einem Cliffhanger, der dazu führt, dass ich direkt die Fortsetzung lesen wollte..

Trotz all des Lobes, gibt es aber leider auch einige Kritikpunkte am Buch, die ich nicht unerwähnt lassen will.
Zum einen fand ich die Charakterisierung der Protagonistin Violet nicht sonderlich gelungen, denn sie ist eine typische Mary Sue - also ein Charakter, die zu perfekt erscheint und nahezu keinerlei Schwächen aufweist. So sieht sie nicht nur bildhübsch aus, sondern beherrscht auch alle drei Magieformen nahezu fehlerlos und spielt noch dazu perfekt Cello. Das macht sie als Protagonistin nicht nur unglaubwürdig, sondern enttäuschenderweise auch ziemlich langweilig. Hier hätte ich mir definitiv ein paar mehr Ecken und Kanten gewünscht. Hinzu kommt, dass sie - obwohl sie so perfekt ist - trotzdem ständig in "Damsel in Distress" Manier von irgendwelchen Typen gerettet werden muss und damit widerspiegelt sie bedauerlicherweise als Heldin eines Buches ein ziemlich schwächliches Frauenbild.
Der zweite grosse Kritikpunkt ist die Liebesstory im Buch. Ich weiss inzwischen, dass man im Young Adult Genre, diesbezüglich nicht zu hohe Erwartungen haben darf, aber die Instaliebe, die man hier präsentiert bekommt, ist noch einmal eine ganz andere Nummer. Der Love Interest unserer Protagonistin erscheint erst nach etwa der Hälfte des Buches aus dem Nichts und obwohl man kaum etwas über ihn erfährt, verliebt sich Violet auf der Stelle auf ihn und die Gefühle werden auch noch erwidert. Die Schnelligkeit dieser angeblichen Liebesbeziehung wirkt nicht nur total konstruiert und unglaubwürdig, sondern auch etwas faul von der Autorin. Das hätte man sicher auch etwas geschickter lösen können.
Ein weiterer kleiner Kritikpunkt, der in den 2010er Jahren, in dem das Buch erschienen ist, viele Dystopien betroffen hat, sind einige Ähnlichkeiten, die mich an die Hunger Games erinnert haben. Eine Szene ist mir dabei vor allem zu Beginn des Buches in Erinnerung geblieben, und das ist, als Violet von Lucien - einem Stylisten - für die Auktion zurechtgemacht wird. Das Styling, die Beziehung zu Lucien und die anschliessende Präsentation auf der Auktion haben mich schon sehr an Katniss unvergessliche Auftritte vor den Hunger Games erinnert. ;-)

Ein letzter Kritikpunkt, der aber nicht in meine Bewertung eingeflossen ist, ist die fehlende Diversity. Diesen Umstand schulde ich vor allem dem Alter des Buches, denn Anfang der 2010er Jahre (als das Buch erschienen ist), gab es in vielen Büchern noch kaum Diversity in YA Romanen. Ich erwähne den Punkt nur deshalb, weil ich es schön finde, dass es hier einen offensichtlichen Wandel gegeben hat.

Fazit:

"Die Gabe" ist der Reihenauftakt einer Trilogie, der mit einem spannenden Plot in einem dystopischen Setting überzeugen kann, das von der Idee her an "Handmaid's Tale" erinnert. Trotz einiger Schwächen (wie etwas der zu perfekten Protagonistin oder der Instaliebe), die in Young Adult Romanen der 2010er gang und gäbe waren, konnte mich die Autorin mit ihrem flüssigen Schreibstil und überraschenden Wendungen so packen, dass ich das Buch kaum mehr aus der Hand legen konnte. Von mir gibt es eine Leseempfehlung mit vier Sternen, insbesondere für Fans von Dystopien!

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4 Kommentare

  1. Hallo liebe Mel,
    ich habe den ersten Band dieser Reihe auch gelesen. Das ist allerdings nun schon sehr lange her. Ich erinnere mich noch daran, dass ich eine der Wenigen war, die Schwierigkeiten mit der Geschichte hatte. Ich weiß gar nicht mehr genau welche Kritikpunkte es waren. Aber ich weiß noch sehr genau, dass ich bzgl. der Liebesgeschichte das gleiche Problem hatte, das du hier ansprichst.

    Deine Rezension habe ich sehr gerne gelesen. Irgendwie bekommt man da glatt Lust es nochmal zu lesen :o) Ich habe damals für mich entschieden die Reihe nicht weiter zu verfolgen. Wirst du die weiteren Bände lesen? Ich weiß gerade gar nicht: Handelt es sich um eine Dilogie oder eine Trilogie?

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

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    1. Ja, das Buch hat schon einige Jahre auf dem Buckel und ist bei mir auf dem SuB verstaubt, deshalb überrascht es mich nicht, dass es bei dir schon einige Jahre her ist, seitdem du es gelesen hast. :)

      Ja, den zweiten Band habe ich bereits gelesen und rezensiert und aktuell bin ich mitten im dritten Band. Die fiesen Cliffhanger haben dazu geführt, dass ich unbedingt weiterlesen musste. :D

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  2. Hallo Mel,
    die Reihe subbt bei mir auch schon ewig und irgendwie bin ich nach dem Lesen deiner Rezension jetzt etwas verunsichert :D Auf der einen Seite sscheint es Spaß zu machen und es stecken einige tolle Ideen drin. Andererseits konnte ich aber auch deine Kritikpunkte nachvollziehen und könnte mir vorstellen, dass mich die "perfekte" Protagonistin auch etwas nerven könnte. Ich mag Ecken und Kanten auch ganz gern. Andererseits können natürlich auch nicht alle Charaktere immer nur Ecken und Kanten haben ;) Kann man eben immer so und so sehen.
    Ich hab die Reihe auf jeden Fall noch nicht abgeschrieben, neugierig bin ich weiterhin, aber man schraubt vielleicht einfach die Erwartungen ein wenig runter, damit man nicht enttäuscht ist. :D
    Danke für deine Eindrücke
    Liebe Grüße
    Dana

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    1. Ich kann deine Skepsis verstehen, denn auf dem Papier gibt es einige Kritikpunkte, die nicht von der Hand zu weisen sind, aber trotzdem hat das Lesen unglaublich viel Spass gemacht. Mich haben vor allem die Idee des Worldbuildings und der Schreibstil überzeugt. Aber vielleicht liest du einfach mal rein und dann merkst du bestimmt sehr schnell, ob das Buch etwas für dich ist. Auf Goodreads sind die Bewertungen sehr gemischt ausgefallen. :D

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