[Rezension] Inselheimat

by - August 26, 2022

(© Hörbuch Hamburg)

Inselheimat*
von Libby Page
Gelesen von Elena Wilms & Vanida Karun

Bewertung: ★★★☆☆

Contemporary Fiction, Audiobook 
Spieldauer: 11 Stunden, 28 Minuten
Erscheinungsdatum: 20. Juni 2022

Verlag: Hörbuch Hamburg

* Rezensionsexemplar von Netgalley. Danke an den Verlag.

Inhaltsangabe:
Lorna hat ihre Familie im Streit verlassen. Als junge Frau ist sie von der winzigen schottischen Insel Kip nach London gezogen, doch ihre Träume haben sich in Luft aufgelöst. Umso wichtiger ist es ihr, alles für ihre Tochter Ella zu tun. Und die hat eine große Bitte: Sie will wissen, wo ihre Mutter herkommt. Auf Kip wartet Lornas Schwägerin Alice auf die beiden. Sie hofft, dass Lornas Heimkehr zu einem Neuanfang für ihre Familie und die kleine Insel-Gemeinschaft wird. Lorna fürchtet die Begegnungen, bis sie ihrer alten Lehrerin begegnet.

Meine Meinung:

Für dieses Hörbuch habe ich mich spontan auf Netgalley beworben, weil ich das Cover und die Hörprobe ansprechend gefunden hatte und Lust auf eine leichte Sommerlektüre hatte. Ich habe mich vorgängig gar nicht wirklich mit dem Inhalt des Buches beschäftigt und mich einfach von der Handlung überraschen lassen.

Ich muss gestehen, dass es ziemlich lange gedauert hat, bis ich in das Buch hineingefunden habe. Zwischenzeitlich hatte ich sogar mit dem Gedanken gespielt, es abzubrechen, weil die Story nicht wirklich in die Gänge gekommen ist und überraschend wenig passiert ist, das mich zum Weiterhören motiviert hatte. Irgendwann hat es dann doch noch Klick gemacht und die Bewohner:innen von der kleinen Insel Kip sind mir etwas mehr ans Herz gewachsen.

Die Handlung wird aus zwei Perspektiven erzählt, wobei ich peinlicherweise gestehen muss, dass mir das erst sehr spät aufgefallen ist. Ich hatte sehr lange den Eindruck, dass wir die Geschichte allein aus Lornas Sicht erleben, die nach dem Tod ihrer Eltern eher widerwillig in ihre Heimat zurückkehrt, mit der sie so viele schlimme Erinnerungen verbindet. Die zweite Perspektive wird aus der Sicht von Lornas Schwägerin Alice erzählt, die mit Lornas Bruder ein gemeinsames Kind hat und auf der Insel lebt.
Doch obwohl es sich eigentlich um zwei verschiedene Charaktere handeln sollte, haben sich die beiden Sichtweisen für mich genau gleich gelesen, was nicht unbedingt für eine gute Charakterisierung spricht.
Auch die Wahl der Hörbuchsprecherinnen hat das Ganze nicht vereinfacht, denn obwohl beide sehr angenehme Erzählweisen haben, waren mir die beiden Stimmen beim Zuhören zu ähnlich, was die Unterscheidung der beiden Protagonistinnen für mich zusätzlich erschwert hat.

Die Handlung an und für sich verläuft relativ unspektakulär und irgendwann auch ziemlich vorhersehbar. Lorna versucht sich ihrer Vergangenheit zu stellen und mit ihrem entfremdenden Bruder wieder eine Beziehung aufzubauen, doch das stellt sich schwieriger heraus, als sie erwartet hatte. Bedauerlicherweise war mir Lorna lange Zeit nicht sonderlich sympathisch, denn ich hatte den Eindruck, dass sie sich zu sehr in der Opferrolle sieht und viele ihre Probleme externalisiert - also die Schuld hauptsächlich ihrem Vater und ihrer Vergangenheit gibt. Das hat vermutlich ein bisschen mein Therapeutinnen-Ich getriggert, denn es ist immer einfacher, die Schuld für den eigenen Leidensdruck auf äussere, unveränderliche Umstände zu schieben, dann muss man ja selbst nichts verändern. Und ich hatte den Eindruck, dass Lorna lange Zeit sehr unreflektiert war, was ihre Eigenverantwortung an ihrer Situation angeht. Sie konnte nichts dafür, dass sie eine schwierige Kindheit erlebt hatte, aber als sie von der Insel weggezogen ist, hat sie jahrelang zurückgezogen gelebt und ist keine Freundschaften eingegangen - und schuld daran war - natürlich - ihr Vater. Das hat mich auf die Dauer ziemlich genervt und ich hatte den Drang, sie mal bei den Schultern zu packen und zu sagen, dass sie mit ihrer Mitleidstour aufhören soll und sie die Fäden für ein besseres Leben selbst in der Hand hat.

Die zweite Hälfte des Buches hat mir dann etwas besser gefallen, denn es gab einige schöne Begegnungen mit den Inselbewohner:innen, die sehr wholesome waren und dazu geführt haben, dass man auch die Nebencharaktere etwas besser kennenlernt. Und die waren in meinen Augen teilweise besser ausgearbeitet, als unsere Protagonistinnen.

Das Ende war dann natürlich ein zufriedenstellendes Happy End, das man bereits vorausahnen konnte, aber stimmig zur Geschichte gepasst hat und zu einem glücklichen Gefühl, nach Beendigung des Buches geführt hat. Schön - und auch überraschend - fand ich, dass Lorna am Ende selbst einsieht, dass sie selbst dafür verantwortlich gewesen war, wie es nach ihrer Flucht von der Insel gelaufen ist. Einsicht ist der erste Weg zu Besserung. ;-)

Fazit:

"Inselheimat" ist ein Frauenroman, der die Rückkehr einer Frau im mittleren Alter in ihre Heimat beleuchtet, mit der sie viele schlimme Erinnerungen verbindet. Das Buch punktet aus meiner Sicht vor allem mit seinen Nebencharakteren, die für einige schöne Begegnungen und Momente sorgen. Die Handlung an und für sich, hat einige wholesome Momente, verläuft aber insgesamt sehr vorhersehbar. Das Buch eignet sich als lockere Sommerlektüre für zwischendurch, hatte aber nichts, das mir länger in Erinnerung bleiben würde. Deshalb gibt es von mir 3 durchschnittliche Sterne.

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2 Kommentare

  1. Hallo liebe Mel,
    während des Lesens deiner Rezension habe ich bei den Worten, dass du erst sehr spät mitbekommen hast, dass die Autorin hier aus zwei Perspektiven heraus berichtet, schon gedacht: Hm... dann hat die Autorin vermutlich irgendwas falsch gemacht. Das bestätigst du dann auch, indem du mitteilst, dass die Charaktere doch sehr ähnlich gestaltet waren und dann dazu auch noch die ähnlich klingende Hörbuchsprecherstimme kam.
    Sehr schade, zumal gerade die Ecken und Kanten doch die Figuren zum Leben erwecken. Als Autor hat man hier doch die Möglichkeit sich so richtig schön "auszutoben" ;o)

    Sehr gefreut habe ich mich, dass du zum Ende des Buches doch noch überrascht wurdest, indem die Protagonistin ihr Verhalten dann doch noch reflektiert hat. Ich weiß gar nicht, ob mir dieser Kritikpunkt beim Lesen aufgefallen wäre, bzw. ob ich ihn so konkret hätte greifen können. Den Gedanken, dass man viel zu oft die Schuld bei anderen sucht, eben weil es ja bequemer ist, da man so sein eigenes Verhalten nicht ändern muss, empfand ich hier als sehr scharfsichtig. Sicherlich ist dieser Gedankengang nicht unüblich und sehr naheliegend, ändert aber nichts an der dauerhaften Situation und bringt einen im Leben - leider auch so gar nicht voran.

    Ich wünsche dir einen schönen und entspannten Sonntag.

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

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    1. Ja, wobei die Sprecherinnen vielleicht keine Schuld trifft, wenn die Perspektiven sich vom Erzählstil mehr unterschieden hätten resp. die Persönlichkeiten der beiden Schwägerinnen sich nicht so geähnelt hätten.

      Der Kritikpunkt mit der fehlenden Veränderungsmotivation ist wohl meiner Ausbildung geschuldet. Ich habe länger im Suchtbereich gearbeitet und da war dieses Muster sehr verbreitet :D

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