[Rezension] Mein Leben in deinem

by - Februar 18, 2023

(© Argon)

Mein Leben in deinem*
von Jojo Moyes
Gelesen von Luise Helm

Bewertung: ★★★☆☆

Contemporary Fiction, Audiobook 
Spieldauer: 12 Stunden, 29 Minuten
Erscheinungsdatum: 02. Februar 2022

Verlag: Argon

* Rezensionsexemplar von Netgalley. Danke an den Verlag.

Inhaltsangabe:
Einmal in das Leben einer anderen schlüpfen, davon träumt Sam manchmal, wenn ihr der Alltag über den Kopf wächst. Als Sam in ihrem Sportstudio versehentlich die falsche Tasche mitnimmt, kann sie nicht widerstehen. Der Inhalt ist so anders als ihre schlichten, vernünftigen Klamotten. Eine wunderschöne Chanel-Jacke und ein Paar glamouröse High Heels. Als Sam die Kleidungsstücke anzieht, fühlt sie sich für einen Moment wie eine andere Frau. Sorglos, unbeschwert, frei. Ein Gefühl, das sie lange nicht mehr hatte …

Nisha ist diese Frau. Von außen scheint ihr Leben perfekt. Ein gut aussehender, reicher Ehemann, ein Kleiderschrank voller Designerstücke. Doch Nisha war nicht immer die Frau, die sie heute ist. Und sie hat furchtbare Angst, alles wieder zu verlieren. Die Begegnung mit Sam hätte zu keinem schlechteren Zeitpunkt passieren können …

Meine Meinung:

Ich freue mich jedes Mal, wenn ich ein neues Hörbuch von Jojo Moyes entdecke. Und das liegt nicht mal an der Autorin (oder ihren Büchern), sondern an der wundervollen Luise Helm, die den Hörbüchern jeweils ihre Stimme leiht. Selbst wenn ihr keine Hörbücher hört, ist euch ihre Stimme bestimmt schon mal in Filmen begegnet, denn Helm synchronisiert einige bekannte Hollywoodschauspielerinnen, darunter zum Beispiel Scarlett Johansson. Helms Stimme hat aber nicht nur Wiedererkennungswert, sondern ist auch unglaublich ruhig und angenehm, sodass das Zuhören einfach Spass macht.

In Moyes neustem Werk werden zwei unterschiedliche Handlungsstränge erzählt. Zum einen haben wir Sam, eine Frau im mittleren Alter, die nicht nur mit Eheproblemen, sondern auch mit Jobproblemen zu kämpfen hat. Ihr Ehemann ist seit längerem depressiv und verlangt ihr viel Geduld ab, während ihr Chef sie auf dem Kieker zu haben scheint und sie in jeder möglichen Situation blossstellt.
Auf der anderen Seite lernen wir Nisha kennen, die gerade von ihrem reichen Ehemann verlassen wurde. Und als wäre das nicht genug, hat er ihr den Geldhahn zugedreht, sodass sie nun auf der Strasse steht und herausfinden muss, wie sie aus diesem Schlamassel wieder rauskommt.
Das Schicksal der beiden Frauen wird eines Tages durch ein Paar rote Louboutins verbunden, als Sam nach einem ihrer Sportkurse versehentlich die falsche Tasche mitnimmt, die eigentlich Nisha gehört.
Nachdem Sam den Irrtum bemerkt und die Tasche mit all den kostspieligen Kleidungsstücken entdeckt, beschliesst sie für einen Tag ihrem anstrengenden Leben zu entfliehen und trägt Nishas rote Schuhe, die ihr ein neues Selbstbewusstsein verleihen, das sie lange Zeit vermisst hat.
Doch Sams Glück währt nicht lange, denn Nisha möchte ihre Schuhe zurück, nachdem ihr Exmann eingewilligt hat, im Gegenzug für die Schuhe eine Scheidungsvereinbarung zu unterschreiben. Und so versucht Nisha die potenzielle Diebin ausfindig zu machen und zur Rede zu stellen...

Obwohl ich grundsätzlich nichts gegen zwei unterschiedliche Handlungsstränge habe, hat mir hier eindeutig die Verbindung zwischen den beiden Protagonistinnen gefehlt, denn bis auf die roten Schuhe gab es eigentlich keine Berührungspunkte zwischen Sam und Nisha. Beide Erzählstränge werden während zwei Dritteln des Buches nebeneinander erzählt und verlaufen absolut unabhängig voneinander, was mich etwas irritiert hat, denn es war eigentlich so, als ich würde ich zwei unterschiedliche Geschichte lesen.
Ich bin leider auch kein grosser Fan von Chick-Lit, sodass mich die beiden Handlungen nicht wirklich packen konnte. Während ich Sams lebensnahe Problemen mit ihrer Ehe und ihrem Job noch nachvollziehen und mein Mitgefühl aufbringen konnte, konnte Nisha bei mir bedauerlicherweise keinerlei Sympathiepunkte einheimsen. Sie war eine reiche, verwöhnte Frau, die plötzlich aufgrund von Geldproblemen arbeiten musste, wie das "normale Volk" aus der Unter- und Mittelschicht auch. Sorry. So ist das Leben nun mal für ein Grossteil der Bevölkerung. Da habe ich absolut kein Mitleid für ihr Gejammer.
Mal abgesehen davon, war gerade Nishas Handlungsstrang absolut konstruiert, denn ich bezweifle, dass ein Ehemann einfach so seine Frau vor die Tür stellen und nicht nur ihr, sondern auch das Konto ihres Sohnes sperren kann. Aber in Moyes Buch musste das so dargestellt werden, damit die Handlung funktioniert.
Natürlich konnte sie auch keine Freund:innen um Hilfe bitten, denn scheinbar hat sich Nisha in den ganzen Jahren so egozentrisch aufgeführt, in denen sie noch glücklich verheiratet gewesen ist, dass sie nicht eine:n einzige:n Freund:in hat, der:die ihr irgendwie helfen kann, oder bei der sie zumindest vorübergehend unterkommen kann. Auch das war wieder nur ein konstruierter Umstand, damit Nishas Plot nicht nach 20 Seiten schon auserzählt ist und hat ihre ganze Situation aber leider einfach völlig realitätsfremd und unglaubwürdig erscheinen lassen.

Nach rund zwei Dritteln begegnen sich unsere Protagonistinnen dann endlich, aber mehr Tiefe erhält die Geschichte dadurch nicht. Der einzige gemeinsame Faktor stellt im letzten Drittel die Suche nach den roten Schuhen dar, sodass die Geschichte kurzzeitig zu einem kleinen Krimi wird, der zwar etwas Fahrt in den Plot gebracht hat, aber leider trotzdem forciert wirkte. Das i-Tüpfelchen des Ganzen war schliesslich, als der Grund enthüllt wurde, warum Nishas Exmann diese Schuhe unbedingt haben wollte. Da konnte ich nur noch mit den Augen rollen, denn die Begründung war so an den Haaren herbeigezogen, dass mich das Buch im Schlussteil endgültig verloren hat.

Wie es sich für eine Chick-Lit gehört, werden am Ende alle offenen Handlungsstränge mit einem Happy-End abgeschlossen, was für mich alles ein bisschen zu schnell und zu schön verlief, als dass es irgendwie glaubhaft gewesen wäre.

Das einzig Positive an diesem Buch ist eigentlich der eingangs genannte Grund, warum ich überhaupt zum Hörbuch gegriffen habe: Luise Helm. Trotz des schwachen und konstruierten Plots und der fehlenden Spannung, hat sie es durch ihre Stimme geschafft, dass das Zuhören kurzweilig und angenehm war.

Fazit:

Jojo Moyes ist eigentlich bekannt für Geschichten aus dem Leben, bei denen sich auch Leser:innen wiedererkennen können. Hier hat sie leider etwas übers Ziel hinausgeschossen und besonders mit Nisha einen Charakter geschaffen, deren Probleme leider nicht nur total konstruiert und unglaubwürdig, sondern auch alltagsfern erschienen sind.
Der Plot enthält kaum Spannungen oder eine Entwicklung, die mir in irgendeiner Form wirklich nahe gegangen wäre. Einzig Luise Helm war ein Lichtblick in all dem Ganzen und sie hat es trotz schwachem Plot geschafft, dass das Zuhören angenehm und unterhaltsam war. Die Geschichte ist eine unspektakuläre Chick-Lit, deren Inhalt ich in wenigen Tagen wohl wieder vergessen habe, weil es einfach an einer bedeutungsvollen Botschaft oder Tiefe gefehlt hat. Für mich eines der schwächsten Bücher der Autorin, dem ich nur 2.5 Sterne vergeben kann, die ich wohlwollend mit zwei zugedrückten Augen aufrunde.

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6 Kommentare

  1. Oh das klingt ja leider nicht so gut. Schade! Mich hat das Buch doch sehr neugierig gemacht, denn ich mag die Bücher von Jojo Moyes meist immer recht gerne. Nun weiß ich allerdings nicht so recht, ob ich es wirklich lesen oder hören möchte. Luise Helm gehört auch zu meinen liebsten Hörbuchsprecherinnen :).
    Liebe Grüße, Steffi

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    1. Also fürs einmal hören finde ich es okay, wenn du Moyes Geschichten magst. Aber von allen ihren Büchern empfand ich dieses hier als eines der schwächsten. Und ich glaube Luise Helm könnte mir auch langweilige Wikipedia-Artikel vorlesen, würde ich es noch gut finden. :D

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  2. Hallo liebe Mel,
    ich habe von Jojo Moyes schon ein paar Geschichten gelesen und fand sie alle ausnahmslos sehr genial. Daher habe ich auch mit diesem Buch geliebäugelt und war auch sehr gespannt, was du darüber berichten kannst.

    Erst einmal fand ich deine Kurzbeschreibung zum Inhalt sehr interessant zu lesen. Sie hat meinen Wunsch gefestigt, das Buch selbst lesen zu wollen. Ich bin dann allerdings auch über den Punkt gestolpert, dass der Mann von Nisha die Schuhe haben wollte. Ich habe mich gefragt: Wieso? Habe mir dann aber gedacht, dass sich das vermutlich beim Lesen der Geschichte schlüssig ergeben würde. Diesen Punkt hast du allerdings später nochmal aufgegriffen und gesagt, dass dem nicht so war.

    Auch habe ich anhand von Nishas Geschichte und den von dir aufgezählten Verläufen der Geschichte gut nachvollziehen können, warum du letztlich im Fazit auf eine zum Teil konstruierte Geschichte verweist.
    Vermutlich könnte ich, mit viel gutem Willen, über den ein oder anderen Punkt hinwegschauen. Aber im Zusammenschluss wären die Schuhe dann für mich vermutlich der letzte Punkt zuviel.

    Ich danke dir für diese hilfreiche Rezension, die mir geholfen hat, das Buch für mich einzuordnen.

    Ich wünsche dir einen ganz wundervollen und entspannten Sonntag.

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

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    1. Wenn man über die Kritikpunkte hinwegschauen kann, dann findet man sicher seine Freude an dem Buch. Ich fand es aber kein Vergleich zu "Ein ganzes halbes Leben", das mich auch emotional sehr mitgenommen hat. Aber als Hörbuch für zwischendurch ok. Inzwischen ist aber sehr wenig von der Handlung hängen gelieben, was mich nicht überrascht. ;D

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  3. Hallo Mel,
    danke für deine interessanten Einblicke. ich hatte mir das Buch auch schon angesehen, hatte es aber jetzt nicht direkt einziehen lassen und wenn ich deine Rezension so lese, dann glaube ich auch, es wird erst mal nicht einziehen. Ich glaube, mich würde auch stören, dass die Charaktere irgendwie nicht viel miteinander zu tun haben und sie nur diese Schuhe verbinden, selbst wenn sich im letzten Drittel dann etwas mehr darum dreht. "Jammern" weil man arbeiten muss, könnte bei mir auch auf nicht so viel Verständnis stoßen ;) Ich lese und höre auch eher selten Chick-lit. Es kann mal nett sein, auf Dauer brauche ich es nicht. aber zwischendurch kann man es mal einschieben.
    ich mag die Stimme von Luisa Helm zwar auch ganz gern, aber ich denke trotzdem, ich nehm von der Geschichte dann erst mal Abstand.
    Liebe Grüße,
    Dana

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    1. Ja, ein zweites Mal würde ich mir das Hörbuch auch nicht mehr anhören. Und wenn du eh nicht so viel Chick-Lit liest, dann würde ich dir wahrscheinlich auch eher von diesem Buch hier abraten.

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