[Rezension] Krebs - ein Begleitbuch für die Seele

by - März 22, 2023

(© Klett-Cotta)

Krebs - ein Begleitbuch für die Seele* von Cornelia van Eys

Bewertung: ★★★☆☆

Nonfiction, 182 Seiten
Erscheinungsdatum: 20. August 2022
Verlag: Klett-Cotta


*Digitales Rezensionsexemplar von Netgalley. Danke an den Verlag.

Inhaltsangabe:
Eine plötzliche Krebsdiagnose ist nicht nur körperlich, sondern auch seelisch eine große Herausforderung – trotz heute stark verbesserter Behandlungsmöglichkeiten. Cornelia van Eys, die seit zwei Jahrzehnten KrebspatientInnen psychoonkologisch betreut und selbst an Krebs erkrankte, gibt in diesem Buch ihre Erfahrungen und Anregungen für Betroffene und deren Angehörige weiter. Sie informiert über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Einheit von Körper, Seele und Geist sowie deren mögliche Auswirkungen auf eine Krebserkrankung und bietet eine Fülle an erprobten Maßnahmen zur Selbststabilisierung an. Ziel ist es, psychische Belastungen zu reduzieren, einen guten Umgang mit Ängsten und heftigen Emotionen zu finden, Kraftquellen für sich zu erschließen und Übungen, etwa aus der Energetischen Psychologie, der Meditations- und Achtsamkeitspraxis in den Alltag zu integrieren.

Meine Meinung:

Für dieses Buch habe ich mich spontan auf Netgalley entschieden, weil ich selbst einige Jahre in der psychoonkologischen Beratung gearbeitet habe und mich Bücher zu diesem Thema deshalb sehr interessieren.

Die Autorin dieses Buches ist nicht nur ausgebildete Ärztin mit einem Zusatztitel in Psychotherapie, sondern selbst Betroffene einer Krebserkrankung, sodass sie aus beiden Perspektiven Erfahrungen mitbringt und in ihr Buch einfliessen lassen kann, was mich sehr angesprochen hat.

Dieser Ratgeber ist eher kurz und kann natürlich niemals ausführlich die ganze Breite an Themen abdecken, die eine Krebserkrankung mit sich bringt. Das merkt man dem Buch auch an.
Der Einstieg beginnt sehr medizinisch und Van Eyes gibt einen Einblick in die Abläufe in unserem Gehirn, wenn wir zum Beispiel Stress erleben. Einen besonderen Fokus legt sie dabei immer wieder auf den sogenannten Vagusnerv, der aus ihrer Sicht eine ganz wichtige Rolle einnehmen soll. Warum dem so ist, wurde mir in einem späteren Kapitel klar.
Obwohl ich Psychoedukation als eine wichtige Komponente in der psychologischen Beratung erachte (sei es nun von Krebsbetroffenen oder auch bei anderen Themen), war mir das Ganze dann doch zu theoretisch und medizinisch und für Laien ehrlich gesagt schwer verständlich, vor allem weil sich das Buch in erster Linie an Betroffene richtet und nicht an Fachpersonal. Trotzdem waren die ersten Kapitel so geschrieben, als würde man ein Fachbuch lesen, was ich äusserst ungünstig fand, denn es macht den Beginn sehr schwerfällig und verleitet dazu, das Buch wieder wegzulegen, bevor man zu den wirklich hilfreichen Tools gelangt.

Nach dieser Theorie folgt eine Einführung in die Klopftechnik PEP, die gerade bei Krebspatient:innen eine stress- und angstreduzierende Funktion einnehmen soll. Ich habe von dieser Technik noch nie etwas gehört, aber ganz neu finde ich das Konzept nicht, denn Einfluss auf die Verarbeitung im Gehirn zu nehmen gibt es im EMDR-Ansatz aus der Traumatherapie schon lange. Dort wird allerdings mit Augenbewegungen gearbeitet.
Die Autorin verschwendet ziemlich viel Zeit darauf, die PEP-Technik zu vermitteln und legt auch eine Schritt-für-Schritt-Anleitung bei, die in der Theorie nachvollziehbar klingt, aber ich hatte den Eindruck, dass die selbstständige Ausführung sich etwas schwieriger darstellen könnte, da man doch relativ viel beachten muss. Und dreimal dürft ihr raten, auf welchen Teil des Gehirns diese Klopftechnik einwirkt: genau, den Vagusnerv.
Ich schreibe dies mit einem sarkastischen Unterton, weil ein Blick in den CV der Autorin auf ihrer Homepage zeigt, dass sie selbst diese Ausbildung vor einigen Jahren gemacht hat. Und dass sie am Ende des Kapitels Links zu einer Liste von Therapeut:innen anfügt, die diesen Ansatz in der Realität anbieten, hat bei mir den bitteren Beigeschmack hinterlassen, dass dieses Buch in erster Linie Werbung für PEP sein soll. Und das finde ich in einem Selbsthilfebuch einfach nicht passend.

Nach diesem holprigen Einstieg beginnt das Buch dann aber etwas besser zu werden, denn endlich bietet Van Eyes auch über andere Themen wie Ängste oder Gedankenkreisen einen Überblick, die bei mir in der Beratung bei Betroffenen allgegenwärtig waren. Sie gibt anschliessend einen kurzen Überblick über Achtsamkeitsübungen, MBSR nach Krabat-Zinn, der Technik des Gedankenstopps und einigem mehr. Die Kapitel werden manchmal durch kurze Anleitungen für eine Achtsamkeitsübung unterbrochen, die man während des Lesens selbst ausprobieren kann. Ausserdem ist auch eine längere Anleitung für eine ressourcenorientierte Imaginationsübung enthalten, die man wohl auch als Zusatzmaterial von der Verlagsseite downloaden kann.
Die erwähnten Übungen und Techniken waren für mich allesamt nicht neu, aber trotzdem passend, da sie ich bei regelmässiger Anwendung als hilfreiche Ressource erachte, wenn man mit Ängsten oder anderen Belastungen im Rahmen einer Krebserkrankung zu kämpfen hat.
Trotzdem finde ich, dass dieser kurze Überblick nicht ausreicht, damit man als Laie die Techniken selbst anwenden und umsetzen kann. Das Buch enthält viele gute Ideen, aber wenn man sich wirklich damit befassen will, kommt man nicht umhin, trotzdem eine Fachperson aufzusuchen oder weitere Bücher oder Videos zu den einzelnen Interventionen zu lesen oder zu schauen, damit man Sicherheit bei der Umsetzung erhält und den Sinn und Zweck hinter den einzelnen Interventionen verstehen kann.

Was ich schade fand, war der Umstand, dass sich das Buch sehr theoretisch liest. Da die Autorin selbst Betroffene einer Krebserkrankung ist bzw. war, hätte ich erwartet, dass sie ihre eigenen Erfahrungen mehr nutzt und in die Erzählung einfliessen lässt, denn ich könnte mir vorstellen, dass andere Krebsbetroffene - an die sich das Buch richtet - dadurch abgeholt und verstanden fühlen. Aber leider war das hier nicht der Fall, was für mich eine verpasste Chance war.

Fazit:

Alles in allem sind Ratgeber und Bücher zum Thema Umgang mit Krebs sehr wichtig und wertvoll. Die Autorin liefert hier in einem relativ kurzen Buch einen groben Überblick über einige Techniken, die bei der Bewältigung von Ängsten und anderen Belastungen im Rahmen einer Krebserkrankung hilfreich sein können. Schade fand ich jedoch, dass das Buch sehr unpersönlich gestaltet ist, denn Van Eyes ist selbst Krebsbetroffene und ich hätte es schön gefunden, wenn sie ihre eigenen Erfahrungen mehr in das Buch hätte einfliessen lassen, statt es als Werbeplattform für die Klopftechnik PEP zu verwenden. Das hier wäre wohl nicht das erste Buch, das ich Betroffenen mit einer Krebserkrankung empfehlen würde. Da habe ich schon hilfreichere Bücher auf dem Markt gelesen. Deshalb gibt es von mir durchschnittliche 3 Sterne.

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2 Kommentare

  1. Hallo liebe Mel,
    ich bin ganz deiner Meinung: Bücher wie dieses sind unglaublich wichtig. Schade ist natürlich, dass das die Erzählung sehr unpersönlich daherkommt und auch gerade der Anfang nicht leicht verständlich daherkommt.

    Die Praktiken waren für dich ja zumeist geläufig. Ich könnte mir vorstellen, dass sie mir z.B. nichts sagen würden und dass dieser Part daher auch entsprechend spannend für Laien sein könnte (?)

    Ich danke dir für den interessanten Einblick.

    Liebe Grüße
    Tanja

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    1. Ja, wenn man die Interventionen nicht kennt, dann ist es auf jeden Fall hilfreich, etwas darüber zu erfahren. :)

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