Christiane F. - Mein zweites Leben
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Christiane F. - Mein zweites Leben
von Christiane V. Felscherinow
Bewertung: ★★★★☆
Nonfiction, Biography, 336 SeitenErscheinungsdatum: 10. Oktober 2013
Verlag: Deutscher Levante Verlag
Meine Meinung:
Ich habe "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" bereits mehrfach gelesen und musste deshalb natürlich wissen, wie es mit Christiane F. letztendlich weitergegangen ist. Nach dem Ende vom Bahnhof Zoo hofft man natürlich, dass Christiane den Absprung von den Drogen geschafft hat. Doch schon vor dem Erscheinen ihres neuen Buches konnte man durch ein wenig Internetrecherche erfahren, dass diese Vorstellung wohl zu utopisch war.
Die letzten News die ich mitgekriegt hatte, waren darüber, dass sie das Sorgerecht für ihren Sohn verloren hatte. Und dieses Thema wird auch ausgiebig im Buch diskutiert. Es ist noch einmal etwas ganz anderes, die Story aus Christianes Sicht zu sehen und es bricht einem das Herz, wie sehr sie darunter gelitten hatte, dass man ihr ihren Sohn weggenommen hatte. Auf der einen Seite will sie zum Teil falsche Gerüchte aus der Presse richtigstellen, auf der anderen Seite beschreibt sie aber auch nie den tatsächlichen Grund, weshalb ihr letztendlich das Sorgerecht entzogen wurde. Dass dabei ihr Drogenkonsum die Hauptrolle spielt, steht aber sicherlich ausser Frage. Doch damit wären wir auch schon beim nächsten fragwürdigen Punkt bzw. einer weiteren Tatsache, bei der ich Mitleid mit Christiane F. empfunden habe:
Es scheint beinahe so, als hätte Christiane über die Jahre ein wenig an Realitätssinn eingebüsst. Sie weiss zwar, dass sie Fehler gemacht hat, ist sich - meiner Meinung nach - dem Ausmass einiger ihrer Taten aber nicht bewusst. Viele ihrer geschilderten Storys enden in zerbrochenen Beziehungen und Enttäuschungen, doch beinahe jedes Mal gibt sie am Ende zu, dass sie zu diesem und jenem Zeitpunkt wieder Heroin genommen hatte. Dass diese Fehlschläge mit ihrem erneuten Heroin- bzw. Drogenkonsum zusammenhängen könnte, gibt sie trotzdem nicht direkt zu. Es scheint mir aber generell so, als würde sie den Heroinkonsum teilweise sogar verharmlosen. An einer Stelle schreibt sie, dass ein (Ex-)Junkie nicht gleich wieder rückfällig wird, wenn er oder sie sich nach gelungener Abstinenz wieder einmal etwas Heroin gönnt. Das empfand ich als sehr ironisch in Anbetracht der Tatsache, dass sie in all den Jahren nie richtig clean wurde und einen Rückfall nach dem anderen erlebt hatte - das spricht schliesslich alles andere für diese Theorie. Und mit solchen Aussagen hat sie bei mir auch einige Sympathiepunkte verloren, auch wenn ich mir bewusst bin, dass sie ein Opfer ihrer selbst ist.
Mein Mitleid hatte schliesslich seinen Höhepunkt in dem Kapitel erreicht, in dem sie ihren Verfolgungswahn beschreibt. Für den Leser hört sich das alles absurd an, doch man merkt, wie überzeugt Christiane von ihren Wahnvorstellungen ist. Hier wird - meiner Meinung nach - besonders deutlich, welche Spuren der jahrelange Drogenkonsum hinterlassen hat.
Gegen Ende hin hat sich diese beinahe abneigende Haltung wieder geändert. Die Geschichte rund um ihren Sohn ist herzzerreissend, auch wenn ein Aussenstehender es wahrscheinlich nicht für das Schlechteste hielt, wenn der Junge nicht weiterhin bei seiner drogensüchtigen Mutter aufwächst - auch wenn sie ihm noch so viele Liebe entgegen bringt. Doch diese Erkenntnis hatte Christiane F. glücklicherweise 2010 auch selbst, als sie das Sorgerecht für ihren Sohn zurückgekriegt hätte und trotzdem wollte, dass ihr Sohn weiterhin bei seinen Pflegeeltern aufwächst.
Schliesslich endet das Buch mit Christianes Erkenntnis: "Wer hätte gedacht, dass ich 51 Jahre alt werde?". Und das fasst ihre Geschichte gut zusammen und war ein passender Abschluss für das Buch, selbst wenn man sich immer noch wünscht, dass sie es irgendwann tatsächlich schafft, von den Drogen loszukommen.
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