[Rezension] Daisy Jones and The Six

by - Juni 04, 2022

(© Ullstein)

Daisy Jones and The Six*
von Taylor Jenkins Reid

Bewertung: ★★★☆☆

Fiction, 350 Seiten
Erscheinungsdatum: 02. Juni 2020
Verlag: Ullstein


*Digitales Rezensionsexemplar von Netgalley. Vielen Dank an den Verlag.

Inhaltsangabe:
Daisy Jones, jung, schön, von ihren Eltern vernachlässigt, hat eine klare Stimme und einen starken Willen: Sie möchte mit ihren eigenen Songs auf der Bühne stehen. Als sie zum ersten Mal gemeinsam mit THE SIX auftritt, ist das Publikum elektrisiert von ihr und Billy, dem Leadsänger der Band. Die beiden zusammen sind nicht nur auf der Bühne explosiv und führen die Band zu ihrem größten Erfolg, auch Backstage sprühen die Funken …

Meine Meinung:

Ja, ihr seht richtig: Ich habe schon wieder ein Buch von Taylor Jenkins Reid gelesen. Und ja, es ist wieder ein Buch, dass zum damaligen Erscheinungszeitpunkt einen riesen Hype ausgelöst hat. Und ja, ich bin damals auch auf den Hype-Zug aufgesprungen und habe schon einmal einen Versuch gestartet, das Buch zu lesen, musste dann aber nach kurzer Zeit aufgeben, weil ich mit dem Transkript-Erzählstil absolut nicht klargekommen bin. Nun, nachdem mich TJR mit ihrem anderen Buch über Evelyn Hugo so begeistert hat, wollte ich auch Daisy Jones noch einmal eine Chance geben - denn vielleicht war damals ja einfach nicht der richtige Zeitpunkt für das Buch.

Die Geschichte, die hier erzählt wird, spielt in den 1960er Jahren und handelt von einer fiktiven Band, die anfangs noch "The Six" hiess, bis irgendwann die berühmt-berüchtigte Sängerin Daisy Jones zu der Gruppe dazugestossen ist und ihr so zu noch mehr Popularität verholfen hat. Gleich zu Beginn erfährt man, dass die Band sich irgendwann getrennt hat - und keiner weiss bis heute, wieso. Und genau dieses Geheimnis soll jetzt, Jahrzehnte später, durch Interviews mit den einzelnen Bandmitgliedern gelüftet werden.

Ich muss leider auch nach meinem zweiten Versuch mit dem Buch gestehen, dass ich mit dem Erzählstil Mühe hatte, der ausschliesslich aus Interview-Transkripten besteht. Immerhin habe ich es aber dieses Mal bis zum Ende des Buches geschafft.
Versteht mich nicht falsch - ich finde es toll, wenn Autor:innen neue Dinge ausprobieren und sich aus ihrer Comfort Zone wagen. Nur hatte ich hier das Gefühl, dass die Erzählung durch den Schreibstil sehr nüchtern und distanziert geblieben ist und die Charaktere dadurch unnahbar gewirkt haben. Man könnte an dieser Stelle natürlich anfügen, dass es irgendwie auch zu einem Interview passt, dass die einzelnen Bandmitglieder nicht ihre tiefsten Gefühle preisgeben wollen und es dadurch oberflächlich bleibt. Aber das Ganze dann als Buch zu lesen, ist bedauerlicherweise nur mässig interessant, gerade weil die Band ja erfunden ist und man keinerlei sonstige Anhaltspunkte hat, um zu den einzelnen Charakteren eine Bindung aufzubauen.

Im Zentrum der Geschichte steht natürlich Daisy Jones, die mit ihrem damaligen Musiker-Lebenswandel wohl alle Klischees eines Rockstars aus den 60ern erfüllt. Ihr Leben war geprägt von Ruhm, Reichtum und einem exzessiven Drogenkonsum, der sich irgendwann natürlich auch negativ auf die Band ausgewirkt hat. Neben ihr kommen auch andere Bandmitglieder zu Wort, unter anderem Billy, der Leadsänger von "The Six". Und obwohl auch er mit einer Drogenvergangenheit und einigen privaten Dramen zu kämpfen hat, hat er es im Buch in meinen Augen nicht geschafft, aus dem Schatten von Daisy Jones zu treten. Von den restlichen Bandmitgliedern will ich gar nicht erst anfangen. Jenkins versucht ihnen zwar auch kleine Nebenplots zu geben, aber das alles geht neben der Protagonistin ziemlich unter.

Insgesamt hält die Handlung leider wenig Überraschungen bereit und das vermeintlich grosse Geheimnis, das zur Trennung der Band geführt hat, wird über so viele vorherige Kapitel bereits mehr als offensichtlich angedeutet, dass man es bereits meilenweit vorausahnen konnte.
Das einzige, das mich stattdessen überrascht hat, war das sehr weichgespülte und übereilte Ende. Daisy Jones' Substanzkonsum und Lebensstil wurde während des gesamten Buches in etwa so beschrieben, wie man es damals bei Amy Winehouse miterleben musste. Und wir wissen ja leider alle, wie das am Ende ausgegangen ist. Nicht jede Drogensucht muss im Tod enden - aber was Jenkins hier für ein "Happy End" gezaubert hat, war in meinen Augen fern von jeglicher Realität.

Alles in allem ist das Buch vielleicht für Musik-Fans zu empfehlen. Ich kann jedoch nicht verstehen, warum es so gehyped wird, denn sowohl die Handlung, als auch die einzelnen Charaktere blieben für mich zu oberflächlich. Da höre, lese oder schaue ich lieber eine Dokumentation oder Biografie einer echten Band.

Fazit:

"Daisy Jones and The Six" erzählt im Interview-Transkript-Stil die Geschichte einer fiktiven Band aus den 60ern, die wohl alle Klischees der damaligen Zeit erfüllt - aber dadurch natürlich auch authentisch wirkt. Nichtsdestotrotz sind mir sowohl die Charaktere, als auch der Plot zu oberflächlich und nichtssagend geblieben. Grosse Überraschungen bleiben aus. Das Buch ist zwar kurzweilig, aber ich musste mich am Ende dennoch fragen: Was will mir die Autorin mit diesem Buch eigentlich sagen? Alles in allem kann ich den Hype nicht ganz verstehen und vergebe deshalb 3 Sterne. Vielleicht ist das Buch eher etwas für hartgesottene Musikfans der 60er.

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8 Kommentare

  1. Ich sehe deine TJR Reise geht weiter. :D Dieses Buch hat mich noch nicht hinter dem Ofen hervorgelockt. Ich weiß nicht genau warum, aber irgendwie erscheint mir das Band-Setting nicht ganz so interessant. Ich glaube als Buch lesen würde ich es auf keinen Fall, höchtens mal irgendwann als Hörbuch probieren, weil es da auch einen ganzen Cast gibt für die Charaktere. Auf der anderen Seite gibt es so viele andere spannende Bücher... :D

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    1. Ja, Evelyn Hugo hat mich so begeistert, dass ich mich nach mehr gesehnt habe. :D Aber wie du leider vorausgesagt hast: An Evelyn Hugo hat keines herangereicht. Daisy Jones war sogar das Schlechteste von allen dreien. Ich könnte mir auch vorstellen, dass das Buch als Hörbuch besser funktioniert. Aber du verpasst in meinen Augen auch nichts, wenn du das Buch nicht liest. :D

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  2. Hallo liebe Mel,
    ah, wie schade, dass das Buch auch beim erneuten Leseversuch nicht zu 100% bei dir punkten konnte. Ich verstehe den Kritikpunkt mit dem gewählten Schreibstil in Interviewform und auch bzgl. des Endes.
    Ich persönlich habe festgestellt, dass Bücher, die in Chatverläufen verfasst sind, bei mir immer gut funktionieren. Das ist aber vermutlich nochmal was völlig anderes, als das Lesen eines Interviews. Interessant fand ich den Absatz, in dem du erwähnst, dass man in einem Interview ja vermutlich auch nicht so viel von sich preisgibt, wie z.B. in einem persönlichen Gespräch. Das macht absolut Sinn und ist eine gute Erklärung dafür, warum die Erzählung vielleicht in manchen Punkten distanziert gewirkt hat.

    Was gehypte Bücher betrifft: Ich hatte es auch schon, dass mich das ein oder andere Buch, das eine sehr gute Bewertung erhalten hat, bei mir einfach nicht richtig so gut funktioniert hat. Im Falle deines Buches kann der Hype natürlich auch durch die Bewertungen der Fans kommen, die das Buch vermutlich noch einmal anders lesen, als jemand, der nicht so einen großen Bezug zu den einzelnen Bandmitgliedern aufgebaut hat (?)Wie denkst du darüber?

    Ich wünsche dir ein schönes und sonniges Pfingstwochenende.

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

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    1. Chatverläufe sind ehrlich gesagt auch nicht so meins. Die wenigen Bücher, die ich bislang mit Chatverläufen gelesen haben, waren aus dem Young Adult Bereich und oftmals waren die Chats dann total nichtssagend über mehrere Seiten lang. Was ja auch irgendwie authentisch ist, denn so sind die meisten meiner Whatsapp Chats auch. Aber in einem Buch muss ich das nicht unbedingt lesen. :D

      Ja, bei gehypten Büchern ist bei mir oft auch eine Enttäuschung die Folge, weil ich natürlich hohe Erwartungen hatte. Hier kann ich den Hype noch irgendwo nachvollziehen, es hat nur meinen persönlichen Geschmack nicht getroffen.

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    2. Ich weiß auch nicht, woran es liegt, dass ich so positiv auf die Erzählform Chatverlauf anspringe. Mir ist auch schon oft bei Büchern, die mich über längere Zeit nicht packen konnten, aufgefallen, dass es zu diesem Zeitpunkt, als ich mich nicht so abgeholt gefühlt habe, wenig wörtliche Rede gab. Scheinbar ist das ein Punkt, der für mich sehr wichtig ist und dann ergibt es auch Sinn, dass mir Chatverläufe besonders gut liegen ;o)

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    3. Na, aber ist doch toll, wenn dich dieser Stil so abholt und sogar dafür sorgt, dass du Interesse für ein Buch bekommen hast, das vorher nicht unbedingt da war. :)

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  3. Hallo liebe Mel

    An den Hype erinnere ich mich sogar noch sehr gut. Schade, dass dir das Buch nicht so gut gefallen hat. Ich mag es auch nicht, wenn Bücher sehr vorhersehbar sind.

    Ich werde mir dann doch lieber - Cover hin oder her - Evelyn gönnen ;-)

    Alles Liebe an dich
    Livia

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    1. Ja, Evelyn Hugo kann ich wirklich wärmstens empfehlen! :)

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