[Rezension] Normale Menschen
(© Luchterhand Verlag) |
Normale Menschen*
von Sally Rooney
Bewertung: ★★★☆☆
Contemporary Fiction, 320 SeitenErscheinungsdatum: 17. August 2020
Verlag: Luchterhand
*Rezensionsexemplar. Vielen Dank an den Luchterhand Verlag.
Inhaltsangabe:
Die Geschichte einer intensiven Liebe: Connell und Marianne wachsen in derselben Kleinstadt im Westen Irlands auf, aber das ist auch schon alles, was sie gemein haben. In der Schule ist Connell beliebt, der Star der Fußballmannschaft, Marianne die komische Außenseiterin. Doch als die beiden miteinander reden, geschieht etwas mit ihnen, das ihr Leben verändert. Und auch später, an der Universität in Dublin, werden sie, obwohl sie versuchen, einander fern zu bleiben, immer wieder magnetisch, unwiderstehlich voneinander angezogen. Eine Geschichte über Faszination und Freundschaft, über Sex und Macht.
Meine Meinung:
"Normale Menschen" war mal wieder ein Buch, auf das ich aufgrund des Hypes auf Goodreads aufmerksam geworden bin. Ich habe mich vorgängig nicht sehr intensiv mit dem Inhalt auseinandergesetzt und mich einfach mal von Rooneys Werk überraschen lassen.
Was mir direkt zu Beginn aufgefallen und auch ein bisschen gewöhnungsbedürftig war, war der Schreibstil der Autorin. Zum einen ist er sehr simpel und umgangssprachlich gehalten, was zwar zur Geschichte gepasst hat, mich aber relativ unbeeindruckt zurückgelassen hat. Zum anderen verzichtet Rooney auf Anführungszeichen bei direkter Rede, was ich anfangs beim Lesen als etwas anstrengend empfunden habe. Scheinbar trifft man dies neuerdings öfters bei europäischen Autor:innen an. Für mich war es allerdings das erste Buch dieser Art und mir hat sich der Sinn hinter dem Weglassen dieser Rechtschreib- bzw. Grammatikregel nicht ganz erschlossen - auf mich hat so gewirkt, als wollte die Autorin dadurch etwas zu gewollt "edgy" wirken. Der Schreibstil ist insgesamt gekennzeichnet durch kurze, einfache Sätze im Präsens, die sehr dialoglastig sind, wobei die direkte Rede immer mit der immergleichen Wortwahl "sagt sie" und "sagt er" beendet wird, was das Lesen manchmal ein bisschen eintönig gemacht hat.
"Ich weiss nicht, was mit mir nicht stimmt (...). Ich weiss nicht, warum ich nicht einfach wie ein normaler Mensch sein kann." (S. 217)
Die Story an sich fokussiert sich auf die Liebesgeschichte zwischen den beiden Protagonisten Connell und Marianne, die wir Leser:innen während mehreren Jahren begleiten. Die Kapitel werden immer im Abstand von mehreren Monaten erzählt, wobei ich es sehr hilfreich fand, dass nicht nur jeweils das Datum genannt wurde, sondern auch in Klammern ergänzt wurde, wie viel Zeit seit den Ereignissen aus dem letzten Kapitel vergangen sind. Der Liebesplot beginnt in der Highschool Zeit der beiden Protagonisten und erstreckt sich bis ins Studentenleben, wobei sich der Plot fast ausschliesslich auf Szenen fokussiert, in denen Marianne und Connell aufeinander treffen. Die geschilderten Episoden enthalten viele erotische Szenen, wobei insbesondere Mariannes Sexualleben für zarte Gemüter stellenweise etwas verstörend sein könnte. Dadurch, dass sich die Geschichte fast ausschliesslich auf diese beiden Hauptcharaktere fokussiert, ist es mir aber sehr leicht gelungen, einen Zugang zu ihnen zu finden und insbesondere mit Mariannes mitzufühlen, die von einer toxischen Beziehung in die nächste stolpert - auch wenn sie dadurch auf mich manchmal ein bisschen sehr naiv gewirkt hat.
"Ich weiss nicht, warum ich andere Leute nicht dazu bringen kann, mich zu lieben. Ich glaube, mit mir hat schon etwas nicht gestimmt, als ich geboren wurde" (S. 218)
Die Liebesgeschichte an sich würde ich fast schon als Paradebeispiel für eine typische Beziehung unter Millenials bezeichnen - oder anders gesagt: Generation Beziehungsunfähig. Rooney (die, wie ich selbst auch, ebenfalls der Generation Y angehört) ist es gut gelungen, die Herausforderungen realitätsgetreu zu beschreiben, die aus der Unfähigkeit entstehen, sich fest binden zu wollen. Ich habe den Eindruck, dass es dieses Phänomen gerade unter uns Millenials sehr häufig gibt. Diese Bindungsunfähigkeit stört mich bereits in der Realität und hat mich hier, schwarz auf weiss, fast wahnsinnig gemacht - was aber natürlich nur dafür spricht, dass es der Autorin gelungen ist, das Beziehungsverhalten der beiden Protagonisten authentisch zu schildern. Trotzdem war es offensichtlich, dass sich vor allem Connell selbst im Weg steht, denn obwohl er Marianne nicht nur sexuell, sondern auch emotional begehrt, schafft er es nicht (aufgrund seiner Bindungsunfähigkeit?), dies ihr gegenüber auch zu zeigen oder zu äussern. Und dadurch haben die meisten Begegnungen der beiden im Buch einen eher enttäuschenden Ausgang, bei dem ich Connell liebend gerne einfach mal an den Schultern gepackt und geschüttelt hätte.
2 Kommentare
Hallo liebe Mel,
AntwortenLöschendas Buch ist irgendwie voll an mir vorbeigegangen. Ich muss aber auch sagen, dass mich das Cover nicht so sehr anspricht. Vermutlich wäre ich in der Buchhandlung alleine deswegen schon daran vorbeigegangen.
Bei der Motiv- und Farbwahl muss ich irgendwie an ein Sachbuch denken.
Umso interessanter fand ich deine Worte zur Geschichte. Mit dem Aspekt der Bindungsunfähigkeit hast du mich neugierig gemacht.
Die Sache mit der wörtlichen Rede und dem Fehlen der Anführungszeichen hätte ich vermutlich auch als störend empfunden.
Ich danke dir für diese interessante Buchvorstellung.
Liebe Grüße
Tanja
Hallo Tanja
LöschenOh, echt? Ich habe gesehen, dass das Buch sogar als Serie verfilmt wurde. Das habe ich aber auch verpasst, wenn ich ehrlich bin. Kein Wunder, dass es so gehypt wird :D
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