[Rezension] Die siebte Zeugin

by - Februar 03, 2021

(© Knaur)

Die siebte Zeugin* (Eberhardt & Jarmer ermitteln #1)
von Florian Schwiecker & Michael Tsokos

Bewertung: ★★★☆☆

Crime, 320 Seiten
Erscheinungsdatum: 01. Februar 2021
Verlag: Knaur


*Rezensionsexemplar. Vielen Dank an den Knaur Verlag.

Inhaltsangabe:
An einem Sonntagmorgen wie jeder andere auch verlässt der Verwaltungsbeamte Nikolas Nölting sein Haus in Berlin-Charlottenburg. Er winkt seiner kleinen Tochter zu, schwingt sich aufs Fahrrad und fährt zu einer Bäckerei. Dort schießt er plötzlich aus heiterem Himmel und ohne Vorwarnung um sich. Ein Mensch ist tot, zwei weitere verletzt – und Nikolas Nölting schweigt.
Nöltings Anwalt Rocco Eberhardt steht vor einem Rätsel: Welches Motiv könnte der unauffällige Familienvater für eine solche Tat gehabt haben? Das Ganze erscheint völlig sinnlos – bis der Rechtsmediziner Dr. Justus Jarmer eine überraschende Entdeckung macht, die Rocco Eberhardt mitten in einen Sumpf aus Korruption, Geldwäsche und Clan-Kriminalität führt. Doch wer sich mit der Unterwelt von Berlin anlegt, bringt nicht nur sich selbst in größte Gefahr …

Meine Meinung:

Dieses Buch wurde mir als Überraschung vom Knaurverlag zugeschickt, sonst wäre ich wohl nicht darauf aufmerksam geworden. Von Tsokos habe ich bisher ein Buch in Zusammenarbeit mit Sebastian Fitzek gelesen, das mir äusserst gut gefallen hat (und vermutlich durch Tsokos Arbeit als Rechtsmediziner den Tick Realismus hinzugefügt hat, der mir oft bei Fitzek fehlt. :D)

"Die siebte Zeugin" ist laut Angaben von Amazon ein Reihenauftakt einer neuen Krimi-Reihe des Autorenduos Schwieker und Tsokos. Im Fokus stehen die beiden Charaktere Eberhardt und Jarmer, die beide bereits auf der ersten Seite anhand eines kurzen Steckbriefs, vorgestellt werden. Das fand ich ungewohnt, aber gleichzeitig auch hilfreich, um eine grobe Vorstellung von den beiden Personen zu bekommen. Eberhardt ist Strafverteidiger und Jarmer Rechtsmediziner.
 
Die Handlung beginnt aber zuerst mit einer ganz anderen Person: Nikolas Nötling. Im Klappentext wird bereits verraten, was er verbricht, was in diesem Fall völlig in Ordnung ist, da die eigentliche Tat rasch abgehandelt wird und der Fokus des Buches vielmehr auf den Ermittlungen des Tathergangs und der Gerichtsverhandlung liegt. Die Story wird auf zwei Zeitebenen erzählt, einmal zum Zeitpunkt der Tat und den darauffolgenden Tagen, und einmal zum Zeitpunkt der Verhandlung. Die beiden Zeitstränge nähern sich im weiteren Verlauf einander an, und als Leser:in erhält man häppchenweise mehr Informationen, was Nölting zu seiner Tat getrieben hat und wie Eberhardt diese Enthüllungen juristisch dazu nutzen will, seinem Klienten zu helfen. Dieses Vorgehen ist nicht neu, kann aber durchaus Spannung in eine Handlung hineinbringen, weil man unbedingt mehr wissen möchte. Hier ist das leider nicht ganz gelungen, denn obwohl Nöltings überraschende und anfangs für mich nicht nachvollziehbare schreckliche Tat bei mir eine gewisse Neugierde über die Hintergründe geweckt hat, verläuft die weitere Story leider nicht so fesselnd, wie ich es mir der erhofft hätte. 
 
Der Schreibstil ist eher einfach und nüchtern gehalten und die Kapitel umfassen immer nur wenige Seiten, was das Lesen kurzweilig gemacht hat. Die Kapitel werden aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, was zwar für etwas Abwechslung gesorgt hat, aber leider auch nicht unbedingt für mehr Spannung gesorgt hat. Man merkt es dem Buch deutlich an, dass Schwiecker und Tsokos - wie ihre beiden ausgewählten Protagonisten - selbst als Strafverteidiger resp. Rechtsmediziner tätig sind (oder waren?) und die Schriftstellerei nur ihr Nebenberuf ist. Die Ermittlungen und das Gerichtsverfahren im Buch wirken sehr realistisch, was wohl dem Fachwissen des Autorenduos zu verdanken ist. Aber leider war es das dann auch, denn es gelingt ihnen nicht, diese Kriminalgeschichte richtig packend zu erzählen, sodass es beim Schreib- und Erzählstil definitiv noch viel Luft für Verbesserungen gibt. Die Enthüllungen zu den Hintergründen des Falles wirken zwar durchdacht und nachvollziehbar, aber waren in meinen Augen dann doch für eine fiktive Geschichte irgendwie unspektakulär und spannungsarm. Alles verläuft sehr unaufgeregt und geradlinig und wäre das Buch nicht nur 320 Seiten dünn und die Kapitel so kurz, dann hätte ich das Buch vielleicht gar nicht zu Ende gelesen. 

Die Ausarbeitung der beiden Protagonisten ist den Autoren meiner Meinung nach leider auch nicht ganz gelungen, denn obwohl die Reihe sich auch zukünftig um Eberhardt und Jarmer als Duo drehen soll, haben die beiden überraschend wenig miteinander interagiert und sich nicht einmal wirklich miteinander angefreundet, sodass sie für mich zum jetzigen Zeitpunkt nicht eine ganze Reihe tragen können. Eberhardt wird dabei noch etwas mehr durch sein Privatleben beleuchtet, indem wir seine Schwester und ihren neuen Partner kennenlernen, aber eigentlich war selbst das für mich eher uninteressant und hat dem Charakter nicht wirklich Tiefe verliehen. Über Jarmer erfährt man dagegen praktisch nichts, was ich etwas seltsam fand, da er doch eigentlich eine grössere Rolle in der Reihe einnehmen sollte.

Das Buch endet ohne grosse Überraschungen mit der Aufklärung des Falls und dem Abschluss der Gerichtsverhandlung. Die Handlung ist dadurch in sich abgeschlossen und wirkt abgerundet, es gibt allerdings keine schockierenden Momente oder sonstige Ereignisse, die mir länger in Erinnerung bleiben werden.
Für mich hat dieses Buch leider kaum das Interesse geweckt, die Reihe um Eberhardt und Jarmer fortsetzen zu wollen. Dazu hat mich weder der Fall, noch der Erzählstil gepackt.

Fazit:

"Die siebte Zeugin" ist ein Reihenauftakt zu einer neuen Reihe, die sich um einen Strafverteidiger und einen Rechtsmediziner drehen soll - also die beiden Berufe, denen das Autorenduo auch nachgeht. Man merkt, dass viel Fachwissen und Realismus in die Handlung einfliesst, leider hat mir dafür aber ein bisschen schriftstellerisches Talent gefehlt, da mir die Handlung zu nüchtern und spannungsarm erzählt wurde. Obwohl der behandelte Fall im Buch solide aufgearbeitet wird, konnten mich die Autoren leider mit ihrem Erzählstil nicht packen und dadurch werde ich die Reihe wohl auch nicht weiterverfolgen. Wer ein realistischer Kriminalfall mit Fokus auf eine Gerichtsverhandlung lesen will, der kann dieses 320 Seiten dünne und kurzweilige Buch lesen. Es ist aber leider nicht wirklich etwas passiert, das mich aus den Socken gehauen und mir länger in Erinnerung bleibt. Deshalb kann ich gerade mal durchschnittliche 3 Sterne vergeben.

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1 Kommentare

  1. Hallo liebe Mel,

    Krimis sind vom Genre her (zumindest im Buchformat) nicht so meins. Was nichts daran ändert, dass ich mir gerne Rezensionen dazu durchlese. Ich muss sagen, dass mich die Inhaltsangabe schon sehr angesprochen hat. Ich habe mir sofort die Frage gestellt, warum der Familienvater um sich geschossen hat.

    Schade finde ich, dass es der Geschichte insgesamt an Spannung gefehlt hat. Bei einem Krimi sind Rätsel und überraschende Wendungen meiner Meinung nach ein absolutes Muss.

    Interessant fand ich allerdings wiederum die Charakterkonstellation. Dass die Autoren selbst in diesen Berufen tätig sind, macht es natürlich spannend.

    Es wäre interessant zu erfahren, ob sich das Autorenduo erstmal einspielen muss und die Folgebände dann vielleicht einen fesselnderen Handlungsverlauf erfahren werden.

    Wie immer eine sehr aussagekräftige und hilfreiche Rezension von dir. Habe ich sehr gerne gelesen. Vielen Dank dafür <3

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

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