[Rezension] Das Damengambit

by - August 21, 2021

(© Diogenes)

Das Damengambit*
von Walter Tevis

Bewertung: ★★★★☆

Fiction, 406 Seiten
Erscheinungsdatum: 26. Mai 2021
Verlag: Diogenes


*Digitales Rezensionsexemplar von Netgalley. Vielen Dank an den Diogenes Verlag.

Inhaltsangabe:
Mit acht entdeckt Beth Harmon im Waisenhaus zwei Möglichkeiten, der harten Realität zu entfliehen: die grünen Beruhigungspillen, die den Kindern täglich verabreicht werden. Und Schach. Das Mädchen ist ein Ausnahmetalent und gewinnt Turnier um Turnier, mit 16 spielt sie gegen lauter erwachsene Männer um die US-Meisterschaft. Ihr Weg führt steil nach oben, doch bei jedem Schritt droht der Abgrund von Sucht und Selbstzerstörung. Denn für Beth steht viel mehr auf dem Spiel als Sieg und Niederlage.

Meine Meinung:

"Das Damengambit" ist im Original als "The Queen's Gambit" bereits 1984 auf Englisch erschienen. Die deutsche Übersetzung des Buches hat dagegen bis dieses Jahr auf sich warten lassen. Der Auslöser dafür, dass das Buch Jahrzehnte später noch übersetzt wurde, liegt an der gleichnamigen Serienadaption, die 2020 auf Netflix erschienen ist und einen regelrechten Hype ausgelöst hat Ich selbst habe die Serie auch kurz nach ihrem Erscheinen gesehen und kannte Beth Harmons Werdegang damit bereits bevor ich das Buch nun gelesen habe. Die Serie war auch bei mir - wie vermutlich bei vielen anderen auch - erst der Grund dafür, dass ich überhaupt Interesse daran hatte, das Buch zu lesen.

Wie die offizielle Inhaltsangabe vermuten lässt, dreht sich das Buch hauptsächlich um Schach. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Protagonistin Beth Harmon, die wir zunächst noch als Kind in einem Waisenhaus kennenlernen, in dem sie erstmals dank des Hausmeisters in Berührung mit dem Schachspiel kommt, was ihr Leben für immer verändert. Im weiteren Verlauf können wir Beth dabei begleiten, wie sie nicht nur allmählich erwachsen wird, sondern auch, wie sie zu einer fast unschlagbaren Schachmeisterin ist und sich dadurch einen Namen auf der ganzen Welt macht.

Ich war (positiv) überrascht, wie sehr sich die Serienadaption an die Buchvorlage hält. Bis auf einige kleinere Veränderungen, habe ich beim Lesen nahezu jedes Mal die entsprechenden Szenen aus der Serie vor den Augen. Das hat einerseits natürlich zu einigen schönen Erinnerungen an die Serie geführt, andererseits hielt die Handlung dadurch für mich verständlicherweise keinerlei Überraschungen parat, da ich schon wusste, welche Charaktere auftauchen und ob es Beth bis zum Schluss gelingt, ihren grössten russischen Schachgegner endlich zu besiegen.

Der Schreibstil ist sehr nüchtern und emotionslos gehalten. Vermutlich hätte ich damit Mühe gehabt, wenn ich zuvor nicht die Serie gesehen hätte, denn dadurch wusste ich, dass der Erzählstil einfach absolut zu Beths Charakter passt. Durch die kurzen und einfachen Sätze liest sich das Buch sehr kurzweilig und man schreitet schnell in Beths Leben voran, das immer wieder von schweren Schicksalsschlägen und ihrer Abhängigkeit von Beruhigungsmitteln (und später einem auch einem anderen Suchtmittel als Ersatz dafür) geprägt ist. Viele Szenen widmet sich natürlich auch dem Schachspiel, die manchmal sehr detailliert geschildert werden, sodass man über mehrere Abschnitte zu lesen bekommt, welche Figuren in Beths Spielen auf welches Feld gerückt werden. Als absoluter Schach-Laie konnte ich mir darunter natürlich nicht wirklich etwas bildlich darunter vorstellen, sodass die Szenen für mich persönlich eher überflüssig waren, aber gleichzeitig natürlich auch für die notwendige Authentizität gesorgt haben.

Als Kritikpunkt bleibt zu erwähnen, dass mir manchmal etwas die Tiefe gefehlt hat, denn der Autor geht über viele emotional schwierige Momente ziemlich schnell hinweg. Ich hätte mir anstelle der vielen Beschreibungen der Schachspiele manchmal etwas mehr emotionalen Tiefgang gewünscht. Das war dann auch der Grund, weshalb ich letztendlich nicht die volle Sternanzahl vergeben konnte. Insgesamt hat mich das Buch aber gut unterhalten.

Fazit:

"Das Damengambit" ist die Buchvorlage der gleichnamigen Netflix-Serie, die ich mir vor einigen Monaten begeistert angesehen habe. Die Serienadaption hält sich sehr stark an die Handlung im Buch, weshalb grosse Überraschungen beim Lesen natürlich ausgeblieben sind. Wie der Titel des Buches vermuten lässt, dreht sich die Handlung hauptsächlich um das Schachspielen, was aber durch private Momente aus dem Leben der Schach-spielenden Protagonistin dennoch interessant zum Verfolgen ist. Mir hat nur manchmal durch den eher einfachen und emotionslosen Schreibstil die Tiefe bei emotionalen schwierigen Szenen gefehlt. Aber insgesamt eine empfehlenswerte Geschichte. Die Serie hat mir aber noch einen Tick besser gefallen.

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14 Kommentare

  1. Huhu!

    Ich fand die Serie ja mega genial und musste danach natürlich auch das Buch lesen!

    Wie ich das Buch ohne Serie empfunden hätte: ich weiß es nicht.
    Durch meine Begeisterung und die vielen Serienbilder, die ich beim Lesen im Kopf hatte, wirkte es aber für mich perfekt umgesetzt. Die Serie hat genau den Punkt getroffen, wie der Autor es beschrieben hatte. Gerade die Emotionslosigkeit von Beth, die man ja im Buch spürt, die aber gerade beim Schachspielen ja sehr zum tragen kommt, denn da ist sie emotional auf ihrer Ebene ja groß dabei.
    Zumindest ich hab es so empfunden.
    Ich bin jetzt auch kein Fachprofi, kann es aber spielen. Den Zügen konnte ich jetzt auch nicht folgen, aber die Spannung kam für mich trotzdem durch.

    Freut mich dass es dir insgesamt dennoch so gut gefallen hat :)

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Ja, ich erinnere mich noch, dass wir uns damals bei deinem Blogpost über die Serie über das Damengambit unterhalten haben. :D
      Genau, mit dem Schreibstil habe ich es auch so empfunden. Ich bin ich die Verknüpfung mit dem emotionslosen Schreibstil und Beths Emotionslosigkeit auch gemacht hätte, wenn ich die Serie nicht gekannt hätte. :D

      Ich weiss auch, wie ein Schachspiel funktioniert, wie die Figuren heissen und das mit den Feldern hätte ich sicher auch herausbekommen. Aber selbst dann, hätte die Szenen vermutlich nicht spannender gefunden. Wobei sie mich jetzt auch nicht gelangweilt haben, ich hab halt vor meinem geistigen Auge beim Lesen nur gesehen, wie sie mit jemandem Schach spielt, ohne die beschriebenen Züge vor mir zu sehen. Aber das war bei der Serie auch so. Da habe ich auch "nur" zugesehen, wie Beth Schach spielt ohne wirklich darauf zu achten, wie oder was sie spielt. :D

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    2. Wie die Züge jetzt genau verlaufen oder was es bedeutet hab ich auch nicht verstanden *lach* Aber ich fand schon, dass man durch die Reaktionen von Beth bei den Spielen schon auch noch einiges über sie erfahren hat. Wie sie reagiert etc... Das war ja eigentlich das einzige, dass sie emotional so richtig tief gespürt hat.

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  2. Hallo liebe Mel,
    ich habe die Serie dazu gesehen und fand sie einfach nur genial. Dass das Buch gut sein würde, habe ich vermutet. Zumal ich mit dem Hause Diogenes bislang nur gute Erfahrungen gemacht habe. Was den emotionalen Schreibstil angeht: Das ist natürlich eine Gradwanderung. Einerseits ist es ein schönes Stilmittel den Charakter der Protagonistin wiederzuspiegeln, andererseits kann das natürlich auch anstrengend zu lesen sein. Ich freue mich, dass dir trotz kleinen Kritikpunkten auch das Buch so gut gefallen hat :o)

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

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    1. Also eigentlich habe ich den Schreibstil als eher gefühllos empfunden, aber ansonsten stimme ich dir absolut zu :)

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    2. So habe ich es auch verstanden. Ich habe es so gelesen, dass der Schreibstil gefühllos dargestellt wurde, vermutlich, um den Charakter der Protagonistin wiederzuspiegeln (?)

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    3. Durch den Schreibstil - fand ich - hat man das "Wesen" der Protagonistin sehr gut zu spüren bekommen. Da ist nicht einfach, meiner Meinung nach dem Autor hier aber wirklich gut gelungen.
      Das mag aber für jeden Leser anders sein, das nimmt ja jeder auch anders wahr und kann mit reinspüren oder eben auch nicht. Beth ist eben sehr unnahbar und ja, gefühlskalt in vielen Beziehungen und das kommt dadurch sehr gut rüber.

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    4. @Tanja: Achso, ich hatte dich da wohl falsch verstanden, sorry!

      @Aleshanee: Ja genau, so hatte ich es in meiner Rezension ja auch beschrieben. Der Schreibstil passt sehr gut zu Beths Charakter, was mir aber ohne die Serie wahrscheinlich nicht so klar gewesen wäre.

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  3. Hallo liebe Mel

    Wie schön, dass dir das Buch so gut gefallen hat. Ich habe die Serie ebenfalls geliebt und kann gut verstehen, dass sie dir immer noch besser gefällt als das Buch (sie war einfach so grandios) und es wäre total spannend, wenn wir eine Rezension lesen könnten von einer Person, die zuerst das Buch gelesen und dann den Film gesehen hat. Ich werde einmal recherchieren ;-)

    Alles Liebe
    Livia

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    1. Nicole hat erst das Buch gelesen ohne die Serie zu kennen ;)

      https://nicolesbuecherwelt.blogspot.com/2021/06/rezension-zu-das-damengambit-von-walter.html

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    2. Danke für den Link! Schön zu sehen, dass das Buch auch Nicht-Serienkenner:innen überzeugen kann :D Ich fand die Überlegung von Livia nämlich auch interessant und hätte nicht gedacht, dass wir noch jemanden finden, der:die das Buch vor der Serie gelesen hat :D

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    3. Super, vielen Dank, die Rezension schaue ich mir gleich an.

      Alles Liebe an euch beide
      Livia

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  4. Super! Endlich habe ich mal einen Blog gefunden, der das Buch bespricht. Also erstmal danke dafür ;)
    Ich habe die Serie auch geliebt und denke nun, nach deiner Rezension, dass ich die Romanvorlage nicht unbedingt lesen muss. Vielleicht zieht es trotzdem irgendwann mal in meine Regale ein, aber so schnell brauche ich es dann doch nicht.

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    1. Wenn ich nicht zufällig auf Netgalley über das Buch gestolpert wäre, hätte ich es vermutlich auch nicht gelesen. Und wenn du die Serie kennst, verpasst du wirklich nicht viel, weil sie sich wirklich sehr nah an Buchvorlage hält. :D

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