[Rezension] The Woman in Me
(© Der Hörverlag) |
The Woman in Me
*
von Britney Spears
Gelesen von Jodie Ahlborn
Bewertung: ★★★☆☆
Memoir, Audiobook Spieldauer: 6 Stunden und 26 Minuten
Erscheinungsdatum: 24. Oktober 2023
Verlag: Der Hörverlag
Inhaltsangabe:
Endlich bricht Britney Spears ihr Schweigen: Die bewegende Autobiografie über ein Schicksal, das Millionen berührt
»The Woman in Me« ist eine mutige und tief berührende Geschichte von Freiheit, Ruhm, Mutterschaft, Überleben, Glaube und Hoffnung.
Als Britney Spears im Juni 2021 vor Gericht aussagte, hielt die Welt den Atem an. Der Moment, in dem sie ihre Stimme erhob und die Wahrheit sprach, sollte ihr Leben verändern – und das unzähliger anderer. »The Woman in Me« enthüllt erstmals ihre ganze, unglaubliche Geschichte und offenbart die innere Kraft einer der größten Künstlerinnen der Popmusikgeschichte.
Mit bemerkenswerter Offenheit und Humor beweisen Britney Spears' bewegende Memoiren, welche Macht der Musik und der Liebe innewohnt. Und sie zeigen, wie wichtig es ist, dass eine Frau endlich in ihren eigenen Worten und zu ihren eigenen Bedingungen ihre Geschichte erzählen kann.
Meine Meinung:
Ich muss vorab zugeben, dass ich mich selbst nicht als wirklichen Fan von Britney Spears bezeichnen würde. Ich habe ihre Musik als Kind und Teenagerin zwar gern gehört und kenne fast alle ihre bekanntesten Lieder, aber als Person war sie mir eigentlich immer relativ egal. Mir sind aber natürlich die vielen Skandale um die Sängerin aus den letzten beiden Jahrzehnten - angefangen von ihrer Glatzen-Aktion, bis hin zur Vormundschaft durch ihren Vater - nicht entgangen.Erst im letzten Jahr bin ich dann erneut auf Spears aufmerksam geworden, als die "Free Britney" Bewegung publik wurde und in der Folge mehrere Dokumentationen über sie erschienen sind. Eine davon habe ich mir auch angesehen und war wirklich erschüttert, wie das Ausmass der Paparazzi Verfolgungen in den 2000er Jahren wirklich war.
Nach der "Befreiung" von Britney Spears hatte ich mir von diesem (Hör-)Buch erhofft, tiefere Einblicke in ihre Gefühlswelt zu erhalten und vor allem zu erfahren, wie sie all die Skandale und auch ihre Vormundschaft erlebt hat, die immer wieder in der Presse breit getreten wurden.
Doch bedauerlicherweise muss ich sagen, dass die Erzählungen im Buch sehr oberflächlich bleiben - was man bei der Kürze des Buches vermutlich hätte vorausahnen können.
Das Hörbuch beginnt zwar in der Kindheit der Sängerin, doch das Erzähltempo ist so schnell, dass man regelrecht durch die einzelnen Lebensabschnitte rast, ohne dass man sich wirklich ein Bild davon machen kann, wie Spears wirklich aufgewachsen ist oder sich die komplizierten Beziehungen zu ihren Eltern und ihrer Schwester entwickelt haben. Man erfährt nur in einem Nebensatz, dass Spears' Vater scheinbar ein gewalttätiger Alkoholiker war, aber wie die Sängerin das Leben unter einem Dach mit ihm erlebt hat und inwiefern sie das geprägt hat, darauf geht sie überhaupt nicht ein. Stattdessen schildert sie lieber, wie sie bereits früh sexuell aktiv wurde und ihren ersten Freund hatte. Etwas, das ganz im Gegenzug dazu stand, wie ihr Management sie damals in der Öffentlichkeit verkaufen wollte, denn dort musste sie mehr als einmal vor laufender Kamera bestätigen, dass sie Jungfrau ist und keinen Sex vor der Ehe haben möchte. Typisch Amis halt...
Ein wichtiger Teil des Buches nimmt ihre öffentliche Beziehung zu Timberlake ein, auf die Spears aber auch nur bruchstückhaft eingeht, sodass man sich als Aussenstehende kein richtiges Bild davon machen kann, wie die Sängerin die Beziehung wirklich erlebt hatte. Sie schreibt zwar, dass Timberlake bei der Trennung in der Öffentlichkeit besser weggekommen ist, aber wie es wirklich zur Trennung gekommen ist, erfährt man wiederum nicht.
Später geht es dann um ihre Ehe mit Kevin Federline, aus der ihre zwei Söhne entstanden sind, die für die Sängerin alles bedeuten - sogar so viel, dass sie scheinbar der einzige Grund waren, dass Spears sich später nicht gegen ihre Vormundschaft und die vielen Vorschriften gewehrt hat.
Und obwohl ich mitfühlen kann, dass es wahnsinnig belastend und schwierig für Spears gewesen sein muss, dass sie ihre Söhne phasenweise nicht sehen durfte, und sie sehr darunter gelitten hat, fand ich schon, dass die Sängerin viele wichtige "Details" ausgelassen hat, die dazu geführt haben. Sie gibt zwar indirekt zu, dass sie vielleicht an der einen oder anderen Stelle falsch reagiert hat (zum Beispiel, als sie sich mit ihren Söhnen Zuhause eingesperrt hat, statt sie wie vereinbart an ihren Ex-Partner Federline zu übergeben, was viele negative Konsequenzen für sie und ihre Söhne nach sich gezogen hat), aber gleichzeitig fand ich auch, dass viele ihrer Rechtfertigungen bagatellisierend und externalisierend formuliert waren. Ich finde es gut und wichtig, über psychische Erkrankungen zu reden, aber als Fachperson für psychische Erkrankungen, fand ich es schwer nachvollziehbar, wie ihre postnatale Depression schuld an einiger ihrer Fehler sein sollen, die sie in der Obhut und Erziehung ihrer Söhne verursacht hat.
Kein Mensch ist perfekt und auch keine Mutter. Aber dieses Buch wäre eine Chance gewesen, auch das eigene Verhalten rückblickend kritisch zu reflektieren und Verantwortung dafür zu übernehmen. Stattdessen hatte ich den Eindruck, dass Spears sich etwas zu sehr als Opfer ihrer Umstände darstellt (und damit beziehe ich mich nicht auf die unfreiwillige Vormundschaft, bei der Spears tatsächlich das Opfer war!). Das rührt auch daher, dass ich in ihrer Dokumentation Videobeweise dafür gesehen habe, wie fahrlässig sie teilweise mit ihren Kindern umgegangen ist. Ich denke da an eine Szene, in der sie damals einen ihrer Söhne im Kleinkindalter nicht angeschnallt auf ihren Schoss gesetzt hat und so Autogefahren ist. Und es gab vor vielen Jahren auch private Videos, in denen Spears völlig wirres Zeug spricht und so wirkt, als wäre sie unter dem Einfluss von irgendwelchen Substanzen.
Damit will ich sagen, dass ich nicht denke, dass der damaligen Gründe, dass Federline die Obhut für die Söhne bekommen hatten, ganz unbegründet waren und mehr dahinter gesteckt hat, als es Spears in diesem Buch zugibt. Aber diese Ereignisse lässt die Sängerin in ihrem Buch komplett weg, was dazu führt, dass sich die Erzählung so angefühlt hat, als würden wir nur die halbe Wahrheit erfahren.
Insgesamt glaube ich, dass Spears definitiv an einer oder mehreren psychischen Erkrankungen leidet und ich denke auch, dass irgendeine Art von Substanzkonsum auch eine Rolle spielt. Und was ich von dem Buch vor allem mitnehme, ist meine Erschütterung und auch Wut darüber, wie wenig konstruktive Unterstützung und Verständnis Spears von ihrer Familie und ihrem Umfeld bekommen hat. Was sie gebraucht hätte, wären Menschen gewesen, die sie beschützen. Stattdessen wurde sie entmündigt, was von ihrer Familie noch dazu missbraucht wurde, um sich finanziell am Leben der Sängerin zu bereichern.
Spears geht sehr lange auf diesen Zeitraum in diesem Leben ein und wie sehr sie darunter gelitten hat. Aber das war mir ehrlich gesagt auch vorher schon klar und dafür hätte ich dieses Hörbuch nicht hören müssen.
Alles in allem denke ich, dass Spears wirklich viel zu erzählen hätte, doch ihre Memoiren lesen sich eher wie das Tagebuch einer 13-jährigen Teenagerin, in der sie über verflossene Liebschaften schreibt oder unqualifizierte Aussagen tätigt, wie etwa, dass sich ihre Schwester Jamie Lynn Spears in der Pubertät zu "einer richtigen Bitch entwickelt hätte". Die Erzählung bleibt dadurch sehr oberflächlich und viele dieser Aussagen haben dazu geführt, dass ich Spears nicht ganz ernst nehmen konnte. Sie wirkte auf mich auch teilweise sehr naiv und ich kann auch noch bis jetzt nicht ganz nachvollziehen, wieso sie sich nicht früher gegen ihre Vormundschaft gewehrt hat und das alles mit sich hat machen lassen.
Positiv bleibt jedoch zu erwähnen, dass das Hörbuch durch seine Kürze sehr kurzweilig ist und auch die Sprecherin eine sehr angenehme Erzählweise hat, sodass sich das Buch sehr gut dazu eignet, um es zum Beispiel nebenher beim Putzen zu hören, ohne dass man völlig konzentriert zuhören muss.
9 Kommentare
Hi :),
AntwortenLöscheneine sehr interessante Rezension, vor allem, da ich bisher fast nur sehr positive Meinungen gelesen habe. Ich bin die ganze Zeit am Überlegen, ob ich das Buch nun lese oder nicht oder es vielleicht höre, so wie du. So richtig entschlossen habe ich mich noch nicht. Ich war in meiner Teenie-Zeit schon ein kleiner Britney Spears Fan und würde gerne mehr über sie erfahren. Aber so richtig tiefe Einblicke scheint man ja leider nicht zu bekommen.
Liebe Grüße, Steffi
Ja, ich war am Ende meiner Rezension auch überrascht, weil sie dann doch negativer ausgefallen ist, als ich beabsichtigt habe. Aber es kommt auch absolut darauf an, mit welcher Erwartung und mit welchem Vorwissen du an das Buch herangehst.
LöschenIch fand halt, dass die "skandalösten" Enthüllung - zum Beispiel, alles, was Timberlake angeht, schon bei Erscheinung durch die Presse breitgetreten wurde, sodass es im Buch wenig Neues zu erfahren gibt.
Wenn du Britney Spears Leben ein bisschen verfolgt hast und alle das, was ihr zugestossen ist, dann wirst du im Buch nicht so viel Neues erfahren. Abgesehen davon, dass die Vormundschaft natürlich scheisse für sie war. Aber das war ja irgendwie klar. Deshalb hätte ich mir da mehr Infos gewünscht.
Ich fand die Britney Doku viel einnehmender und ausführlicher und sie war auch sehr zu Gunsten der Sängerin ausgerichtet, hat aber auch ihre psychischen Krisen etwas deutlicher zum Ausdruck gebracht, als das Buch, in dem Spears mMn vieles bagatellisiert - auch ihren Substanzkonsum.
Ich fand zum Beispiel Elton Johns Biografie wahnsinnig beeindruckend, weil er so schonungslos offen ist und Verantwortung für seine Sucht übernimmt - und auch zugibt, dass er sich gelegentlich daneben benommen hat. Das macht ihn menschlich und sympathisch. Bei Spears fehlt das alles, und die Erzählungen wirken ziemlich einfach geschrieben und ohne jegliche Selbstreflektion und Tiefe. Würde es nicht so oft um Sex gehen, könnte man meinen, dass das Buch von einem Kind geschrieben wurde.
Was du schreibst klingt absolut nachvollziehbar! Wirklich sehr schade, dass es so an Selbstreflektion zu hapern scheint, zumindest in dem Buch. Man sollte sich auch selbst Fehler eingestehen können und sie nicht nur anderen vorwerfen. Auch wenn natürlich vieles von außen dazu beiträgt, wie sich das Leben so entwickelt. Die Biographie von Elton John hört sich sehr interessant an!
LöschenHallo liebe Mel,
AntwortenLöschenals ich dieses Buch das erste Mal entdeckt habe, dachte ich mir, dass die Geschichte von B.S. mit Sicherheit sehr interessant zu lesen ist.
Biografien und Sachbücher, dazu greife ich ungern. Ich kann nur schlecht sagen,warum das so ist. Denn mich interessieren durchaus einige Geschichten und einige Themen (betreffend Sachbücher).
Ich hatte irgendwie geahnt und auch gehofft, dass du B.Spears Buch lesen würdest und habe mich dann richtig gefreut, als ich die Rezension hier entdeckt habe. Mich hat sehr interessiert, ob du das Buch als lesenswert einstufen und was du über den Inhalt berichten würdest.
Ich finde es sehr schade, dass die Geschichte dann in vielerlei Hinsicht doch oberflächlich geblieben ist.
Während des Lesens deines Beitrages schossen mir zwei Gedanken in den Kopf: 1. Vielleicht hat die Autorin - meines Erachtens auch verständlicherweise - Angst davor gehabt, zu sehr ins Rampenlicht zu treten. Vielleicht wollte sie einfach nicht alle Details ihres Lebens frei zugänglich machen. Schließlich führt das auch dazu, dass andere Menschen das Gelesene bewerten und beurteilen. Das möchte man nicht immer. Andererseits: Sollte man dann überhaupt ein Buch verfassen? Ich lasse die Antwort jetzt mal offen im Raum stehen. Ich denke, auch hierüber ließe sich ausgiebig diskutieren.
Der zweite Gedanke war: Vielleicht wurde das Buch nicht von der Autorin selbst sondern von einem Ghostwriter geschrieben?
Alles in allem, habe ich, glaube ich, einen Punkt gefunden, der dafür stehen könnte, warum ich so ungern zu Biografien greife ...
Ich schließe mich deinen Worten an: Ich hoffe mit dir, dass die Sängerin einen Weg finden wird, um bestmöglich mit der Vergangenheit abzuschließen und somit einer besseren Zukunft entgegenblicken kann.
Ganz liebe Grüße
Tanja
Ja, ich stimme dir absolut zu, dass jeder Mensch ein Recht auf Privatsphäre haben sollte, aber wie du bereits selbst erwähnst: Dann sollte man auch kein Buch über sich und das eigene Leben schreiben. Entweder ganz oder gar nicht.
LöschenEs ist okay, einige Erlebnisse wegzulassen, die man lieber nicht nochmal erzählen möchte. Aber hier zeichnet Spears doch ein sehr einseitiges Bild und geht nicht so richtig reflektiert auf eigene Fehler ein. Keiner ihrer Fehler rechtfertigt eine Vormundschaft, wie sie sie erlebt hat! Aber trotzdem ist es für mich wichtig, dass man bei Memoiren oder Autobiografien auch selbstkritisch ist.
Aber vermutlich war es auch einfach noch zu früh für dieses Buch. Auf Instagram zeichnet sich ja ab, dass Spears professionelle Hilfe bräuchte. Ich hoffe, dass sie diese irgendwann wirklich bekommt und heilen kann.
Ich weiss gar nicht, ob ein Ghostwriter mitgeholfen hat, aber wenn, dann nur marginal.
Hi liebe Mel,
AntwortenLöschenEndlich mal jemand, der es auf den Punkt bringt! Ich stimme dir in jedem Punkt voll und ganz zu und ich kann die ganzen positiven Stimmen nicht nachvollziehen. Ich war während dem Lesen NICHT erschüttert. Ich fand alles so oberflächlich und einen großen Enthüllungsskandal gab es meiner Meinung nach auch nicht. Was mich ebenfalls stört ist, dass sie kaum Fehler selber zugibt. Irgendwie sind es immer die anderen und es kommt so rüber als würde sie nur sagen, dass es ihre Schuld war, weil sie weiß, dass die Leute das hören wollen.
Ehrlicherweise muss ich sagen, dass ich glaube, dass sie sehr wohl große psychische Probleme hat (man schaue sich nur mal ihre Instagram Seite an). Warum sonst sollten mehrere verschiedene Psychatrische Anstalten sie gegen ihren Willen aufgenommen haben?! Das klingt für mich doch sehr unrealistisch.
Danke für diese ehrliche Rezension!
Liebste Grüße
Sonja von Lovin Books
Ich bin ebenfalls froh, dass es dir ähnlich ergeht, weil die meisten Rezensionen wirklich sehr positiv ausgefallen sind. Ich fand auch, dass sie sich sehr in die Opferrolle drängt, und zwar bereits vor der ganzen Geschichte mit der Vormundschaft. Man erfährt im Buch nämlich gar nicht, was der Grund war, weshalb Federline (bereits vor ihrer Vormundschaft) das Sorgerecht für die Söhne erhalten hat. Und dass ihre Söhne heute kaum mehr Kontakt mit ihr haben, mit ihrem Vater nach Hawaii gezogen sind und sie zum Beispiel nicht an ihrer letzten Hochzeit waren, sagt mMn ja auch schon einiges aus...
LöschenIch denke auch, dass sie psychische Probleme hat - und vielleicht auch irgendwelche Substanzprobleme. An einer Stelle erwähnt sie, dass man ihr Lithium verschrieben hätte, deshalb denke ich mir, dass eine bipolare Störung nicht ganz abwegig scheint. Manische Zustände würden für mich nämlich schon sehr gut zu ihrem "erratic behavior" passen, das sie auch auf Instagram zeigt.
Ja das stimmt. Und Lithium bekommt man ja auch nicht eben mal so verschrieben. Klar, sie tut mir schon leid. Sie wurde ja schon von klein auf irgendwie zum Showbiz gepusht. Dabei ist die kleine Kinderseele wohl kaputt gegangen.
LöschenSehr tragisch auf jeden Fall…
Liebe Grüße
Sonja
Ja, da stimme ich dir absolut zu.
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