(© Amazon / Franzius Verlag) |
Für eine Stunde*
von Perry Payne
Bewertung: ★★☆☆☆
Mystery Thriller, 346 SeitenErscheinungsdatum: 27. Oktober 2018
Verlag: Franzius Verlag
*Rezensionsexemplar.
Inhaltsangabe:
Noch vor ihrem 18. Geburtstag muss Amy Graham ihr Elternhaus verlassen. Auf dem Weg zu ihrem unbekannten Großvater wird sie brutal vergewaltigt.
Daraufhin versteckt sie schwere Depressionen hinter einer quirligen, offenherzigen Art, die die Menschen um sie herum tief berührt. Doch niemand erkennt ihren Schmerz, außer einem Fremden, der jeden Tag für genau eine Stunde aus einer längst vergessenen Zeit zu ihr kommt.
"Wenn ein Mädchen zur Frau wird oder ein Junge zum Mann, dann bilden sich Synapsen, die mit neuer Lebensenergie den Geist im Wandel der Dualität vollenden. Wird dieser Moment unterbrochen, dann befindet sich deine Seele außerhalb der Ordnung aller Dinge." (© Amazon / Franzius Verlag)
Meine Meinung:
"Für eine Stunde" habe ich im Zuge einer Leserunde gelesen, die vom Autor selbst organisiert wurde. Der Autor hat mich auf Facebook angeschrieben und explizit um meine ehrliche Meinung gebeten und trotzdem fällt es mir nun schwer, diese Rezension zu formulieren. Dennoch möchte ich mir selbst treu bleiben und meine Bewertung so begründen, wie ich es im Normalfall auch getan hätte.Das Buch hat mich durch die knappe Inhaltsangabe sehr neugierig gemacht. Es klang nach einem spannenden Thriller, der unter anderem auch psychische Erkrankungen miteinfliessen lässt - als Psychologin war ich natürlich sehr neugierig darauf, ob es dem Autor gelungen ist, die Depressionen authentisch umzusetzen.
Interessiert habe ich dann in das Buch begonnen. Der Prolog spielt einige Zeit nach den Ereignissen des Buches und zeigt eine gebrochene Protagonistin, die kurz davor steht, Suizid zu begehen. Bevor man als Leser erfährt, ob sie diesen Schritt tatsächlich geht, wird die Zeit aber erst einmal zurückgedreht und Amys Geschichte vor den schrecklichen Ereignissen von vorne erzählt.
Der Beginn klang sehr vielversprechend, auch wenn sich nach den ersten Kapiteln bereits die ersten Fragezeichen bei mir aufgetan haben. Amy wird auf einen Gerichtsbeschluss hin dazu verdonnert, ab sofort bei ihrem Grossvater leben zu müssen. Dieser Entscheid wurde vier Monate bevor sie volljährig wird gefällt. Die Gründe für die Entscheidung bleiben dem Leser zuerst vorenthalten und werden erst im weiteren Verlauf am Rande erwähnt. Für mich blieb dieser Beschluss bis zuletzt aber etwas fragwürdig.
Amy verabschiedet sich schliesslich von ihrer Mutter und ihrem jüngerer Bruder (der bei der Mutter bleiben darf) und entscheidet sich zu ihrem Grossvater zu trampen. Bereits der erste Fahrer, der sie mitnehmen will, entpuppt sich als der Bösewicht und ehe Amy sich versieht, wird sie von ihm gejagt und gefangengenommen.
Das passiert alles in den ersten paar Kapiteln. Damit hat der Autor ein ordentliches Tempo vorgelegt, was nicht unbedingt schlecht sein muss, aber mir in diesem Fall dann doch zu schnell ging. Bevor man sich mit dieser Entführung als Leser so richtig befassen kann, gibt es einen Zeitsprung und die Handlung wird an einem anderen Punkt fortgesetzt. Dieses Schema behält der Autor für die gesamte Geschichte bei, was bei mir immer wieder den Handlungs- und den Lesefluss gestört hat. Ich konnte mich gar nicht so richtig auf die einzelnen, verschiedenen Erlebnisse von Amy einlassen, da es im jeweils darauffolgenden Kapitel schon wieder um etwas ganz anderes ging. Dadurch kam bei mir leider auch kein Gefühl von Spannung auf und ich hatte leider zu keinem Zeitpunkt wirklich das Gefühl, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte. Und das ist ein Aspekt den für mich ein guter Thriller ausmachen würde.
Auf den weiteren Verlauf kann ich gar nicht wirklich eingehen, da vermutlich alles ein Spoiler darstellen würde. Ich kann aber so viel verraten, dass es sehr beklemmend für Amy weitergeht. Immer wenn man denkt, es kann doch gar nicht schlimmer werden, begegnet sie einem neuen Charakter, der ihr das Gegenteil beweist. Ich fand es etwas ... merkwürdig, dass nahezu jeder neue Mann der im Buch auftaucht, Amy etwas Böses antun will.
Ungefähr in der zweiten Hälfte des Buches wird dann plötzlich ein Mystery-Anteil enthüllt, den ich so nicht erwartet hätte. Ich habe generell nichts gegen einen Myster Thriller Genremix, denn erfahrungsgemäss kann das sehr gut funktionieren. Hier hat der mystische (oder fast schon Fantasy-)Aspekt für mich aber leider überhaupt nicht zum Rest der Geschichte gepasst. Selbst nach der "Auflösung" am Schluss blieben bei mir viele Fragen und vor allem viel Verwirrung offen.
Der Schreibstil des Autors fand ich sehr flüssig und angenehm zu lesen. Schade fand ich aber, dass den Charakteren in meinen Augen die Tiefe gefehlt hat. Dadurch gelang es mir leider nicht, zu irgendeinem der Charaktere eine Bindung aufzubauen. Selbst Amy war mir - trotz den schrecklichen Erlebnissen, die sich durchmachen musste - eher unsympathisch. Mir hat bei der Erzählung vor allem das emotionale Erleben der Charaktere gefehlt. So war die in der Inhaltsangabe erwähnte Depression für mich als Leserin leider kaum spürbar.
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