[Rezension] Dark Destiny

by - Oktober 12, 2019

(© Amazon / script5 Verlag)

Dark Destiny (Dark Canopy #2)
von Jennifer Benkau

Bewertung: ★★★☆☆

Dystopia, 464 Seiten
Erscheinungsdatum: 16. Dezember 2013
Verlag: script5


Inhaltsangabe:
Hilflos musste Joy mit ansehen, wie Neél von ihren eigenen Leuten gefangen genommen und gefoltert wurde. Ihre große Liebe, all ihre Hoffnungen und Zukunftspläne zersplittern zu einem Scherbenhaufen, als sie schließlich von Neéls Tod erfährt. Trotz ihrer unendlichen Trauer fasst Joy einen folgenschweren Entschluss: Sie will nicht länger zu Matthials Clan gehören. Also macht sie sich allein und schlecht ausgerüstet auf den Weg durch Bomberland und von feindlichen Clans besetztes Gebiet. Es ist eine Suche nach Antworten: Wie starb Neél? Und warum? Doch es ist auch eine Suche, an deren Ende Hoffnung steht. Hoffnung auf eine zweite Chance. (© Amazon / script5 Verlag)

Meine Meinung:

-- Achtung enthält Spoiler zum ersten Band und einen Spoiler zum Anfang des zweiten Bandes --

Leider kann ich diese Rezension nicht ganz Spoilerfrei schreiben, da zu Beginn des zweiten Bandes etwas passiert, das aber kurze Zeit später wieder aufgelöst wird. Wer das Buch also ganz ohne Spoiler lesen will, sollte sich an die offizielle Inhaltsangabe halten und an dieser Stelle nicht mehr weiterlesen. 

Band 2 setzt nahtlos an die Ereignisse aus dem ersten Band an. Zuletzt hat Joy am Chivvy teilgenommen, konnte dabei aber von ihren Rebellenfreunden gerettet werden. Leider ist es ihnen bei der Rettungsaktion auch gelungen Neél gefangen zu nehmen, so dass sich zu Beginn des zweiten Bandes sowohl Joy, als auch Neél in den Händen der Rebellen befinden. Während Joys Anwesenheit aufgrund ihrer Vorgeschichte mit Matthials Clan toleriert wird, erfährt Neél ein deutlich schlimmeres Schicksal: Er wird von den Rebellen gefoltert, weil diese ihm so Geheimnisse über die Precents entlocken wollen. Als Foltermethode wählen die Rebellen das Sonnenlicht: Die tödlichste Waffe gegenüber den Precents.
Trotz dieser Folter schweigt Neél und lässt sich nicht weich kriegen. Matthial sieht deshalb keine andere Möglichkeit, als ihn an Jamie zu übergeben, dem Anführer des grössten Rebellenclans. Doch bei der Übergabe läuft etwas schief. Und Matthial muss Joy mitteilen, dass Neél gestorben ist - ohne, dass er irgendeine Art von Details zu seinem Tod nennen kann.

Und damit wären wir bei dem besagten kleinen Spoiler angelangt. Neéls Tod wird so ominös geschildert, dass mir von Anfang an klar war, dass er nicht tot ist. Der Verdacht erhärtet sich dadurch, dass Joy Matthial einfach glaubt, die Nachricht überhaupt nicht in Frage stellt und sie eigentlich gar nicht weiss was passiert ist. Es gibt keinerlei Beweis dafür, dass Neél tatsächlich tot ist. Vielmehr macht es sogar Sinn, dass Matthial Joy belügt, um so einen Vorteil aus der Sache zu ziehen, da er in Joy verliebt ist und sich wahrscheinlich seine Zukunft als Clanführer mit ihr an seiner Seite vorgestellt hat.

Anfangs dachte ich, dass sich dieser Irrtum nun durch das ganze Buch ziehen würde, doch zu meiner Überraschung wird die Lüge um Néels vermeintlichen Tod relativ schnell aufgedeckt (ungefähr bei 15% des Buches). Und das erfährt man nicht nur als Leser*in, sondern auch Joy weiss sehr früh Bescheid. Diese schnelle Enthüllung führt dieses ganze Konstrukt um Neéls Tod irgendwie ab adsurdum, da die Lüge für den Plot null Relevanz hat und einzig und allein der Effekthascherei dient. Ich weiss wirklich nicht, was sich die Autorin dabei gedacht hat, denn der ganze Klappentext ist somit total irreführend und schürt die Erwartung, dass der Tod von Neél eine grosse Rolle spielt. Das tut es aber überhaupt nicht. Die ganze Story dieses zweiten Bandes hätte auch ohne die Lüge funktioniert.
Im zweiten Band steht vielmehr im Vordergrund, dass Neél gefoltert wurde und durch sein starker Charakter gebrochen wurde. Er ist nur noch ein Häufchen Elend und ähnelt dem Neél, den man im ersten Band kennen und lieben gelernt hat, kein bisschen mehr. Seine Haut wurde durch das Sonnenlicht entstellt und als er wieder in der Stadt landet, kann er seiner Aufgabe als Hauptmann nicht mehr nachkommen. Er bläst Trübsal, entzieht sich jeglicher Verantwortung und besäuft sich jeden Abend. In seinen Gedanken hängt er ständig bei Joy, denn er vermutet, dass sie sich gegen ihn entschieden hat (oder noch schlimmer: ihre Liebe im ersten Band nur vorgegaukelt hat, damit sie flüchten kann).
Da die Kapitel im zweiten Band jeweils zwischen Neél und Joy abwechseln, weiss man es als Leser*in allerdings besser. Denn Joy setzt in ihrem Handlungsstrang alles daran, so schnell wie möglich wieder in die Stadt zurückzukehren, um Neél zu finden. Und als ihr das gelingt, passiert eine ganze Weile erst mal gefühlt gar nichts.

All das, was in Band 1 als Grundlage aufgebaut wurde, inklusive der Enthüllung der Gilde der Wölfe, spielt in diesem zweiten Band kaum mehr eine Rolle. Während im ersten Band zahlreiche Nebencharaktere eine wichtige Rolle gespielt haben, werden diese im zweiten Band nur noch stiefmütterlich behandelt und finden kurz eine Erwähnung, aber kaum einer der Nebencharaktere spielt eine wesentliche Rolle für den Plot im zweiten Band. Es dreht sich alle nur um Neél und Joy, die beide kaum mehr wiederzuerkennen sind. Während man Neéls Charakterwandlung aufgrund seiner traumatischen Foltererlebnisse noch halbwegs nachvollziehen kann, war es mir bei Joy (und all den anderen Nebencharakteren) schleierhaft, weshalb sie so verändert wurden und im Vergleich zum Vorgänger eindimensional wirkten.

Erst bei 75%(!) des Buches passiert endlich etwas, das die Handlung vorantreibt. Es gibt einen überraschenden Plot Twist, der Action und Spannung verursacht. Doch das alles passiert viel zu schnell und viel zu spät. Ich konnte mich gar nicht richtig auf die Ereignisse im Schlussteil einlassen, da war es schon vorbei. Was übrig geblieben ist, waren ganz viele Fragezeichen. Im Vergleich zu vielen anderen Leser*innen fand ich das offene Ende aber okay. Es kann nicht immer ein Happy End geben und gerade bei Dystopien fand ich die Wahl, die Benkau für das Ende der Reihe getroffen hat, passend.

Insgesamt muss ich über diesen zweiten Band sagen, dass er mich im Vergleich zum Vorgänger enttäuscht zurückgelassen hat. Die Fortsetzung wirkt eher lieblos und nicht durchdacht. Ich habe mir während des Lesens des ersten Bandes so viele Notizen zum Worldbuilding und den ganzen Charakteren gemacht, die in diesem zweiten Band überhaupt keine Relevanz mehr hatten. Wenn ein Nebencharakter erwähnt wurde, dann nur am Rande und wenn es für den Plot zweckdienlich war. Man weiss bis zuletzt nicht, was aus ungefähr 85% der (Neben-)Charaktere geworden ist. Und das fand ich sehr irritierend in Anbetracht der Tatsache, wie ausführlich und vielschichtig die Charaktere im ersten Band gezeichnet wurden und wie viel Zeit die Autorin für die Einführung der einzelnen Charaktere investiert hat. Wozu das Ganze, wenn es im zweiten Band keine Rolle mehr spielt?
Ich habe mich gefragt, ob die Autorin bei diesem zweiten Band unter dem Zeitdruck der Abgabefrist gelitten hat, denn es war fast so, als wäre Band 1 und 2 von unterschiedlichen Autorinnen geschrieben worden. Schade, dass so viel Potential verschenkt wurde.

Fazit:

Der zweite Band der "Dark Canopy" Dilogie kommt leider nicht annähernd an den starken Reihenauftakt heran. Während Benkau im ersten Teil eine vielversprechende Grundlage für ein spannendes Finale geschaffen hat, bleibt das Potential in "Dark Destiny" nahezu ungenutzt. Viele geliebte Charaktere aus dem ersten Band vermisst man in Band 2 kläglich und finden nur kurz einen Auftritt, wenn es für den Plot zweckdienlich ist. Ansonsten wird man über ihr Schicksal im Dunkel gelassen. Die Charaktere, die dagegen ihre Erwähnung finden, wirken im zweiten Band vollkommen verändert - und nicht bei jedem ergibt das Sinn. Während die Story die meiste Zeit vor sich hindümpelt, überschlagen sich die Ereignisse im Schlussteil mit einem Tempo, das mich fast überfordert hat. Hier hätte man sicher eine andere Ploteinteilung vornehmen können. Über diesen zweiten Teil bin ich sehr enttäuscht und kann leider nur noch drei Sterne vergeben.

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