[Rezension] Miracle Creek

by - März 23, 2020

(© hanserblau Verlag)

Miracle Creek*
von Angie Kim

Bewertung: ★★★★☆

Mystery, 512 Seiten
Erscheinungsdatum: 09. März 2020
Verlag: hanserblau


*Rezensionsexemplar. Vielen Dank an den hanseblau Verlag.

Inhaltsangabe:
In der Kleinstadt Miracle Creek in Virginia geht ein Sauerstofftank in Flammen auf. Zwei Menschen sterben – Kitt, die eine Familie mit fünf Kindern zurücklässt, und Henry, ein achtjähriger Junge. Im Prozess wegen Brandstiftung und Mord sitzt Henrys Mutter Elizabeth auf der Anklagebank. Und die Beweise sind erdrückend. Hat sie ihren eigenen Sohn ermordet? Während ihre Freunde, Verwandten und Bekannten gegen sie aussagen, wird klar: In Miracle Creek hat jeder etwas zu verbergen. (© hanserblau Verlag)

Meine Meinung:

"Miracle Creek" ist das Debüt der koreanisch stämmigen, inzwischen in den USA lebenden Autorin Angie Kim, das im vergangenen Jahr viel Aufmerksamkeit bekommen hat und von mehreren Bestsellerlisten als "Bestes Buch des Jahres" bezeichnet wurde. Grund genug für mich, dass es mein Interesse wecken konnte und ich die deutsche Übersetzung sehnlichst erwartet habe.

Miracle Creek ist nicht nur der Titel des Buches, sondern auch der Handlungsort der Geschichte. In der Kleinstadt hat es vor einiger Zeit einen schrecklichen Vorfall gegeben, bei dem ein achtjähriges Kind und eine Mutter ihr Leben verloren haben. Was zunächst nach einem Unfall ausgesehen hat, hat sich kurze Zeit später als ein absichtlicher Akt der Brandstiftung herausgestellt. Und als wäre das noch nicht genug, wird ausgerechnet die Mutter des verstorbenen Kindes als Täterin verdächtigt.

Die Handlung spielt auf zwei Zeitebenen. Einerseits wird die aktuelle Gerichtsverhandlung in der Gegenwart geschildert, andererseits werden auch vergangene Erlebnisse näher beleuchtet, die direkt oder indirekt mit dem Vorfall zusammenhingen. Dabei zeigt sich sukzessive, dass nicht nur die offizielle Verdächtigte Elizabeth als Täterin infrage kommt, sondern mehrere Charaktere ein Motiv dafür gehabt hätten, die Tat zu verüben. Nach und nach kommen während der Verhandlung neue Indizien ans Licht, die den*die Leser*in vor die Frage stellen: Wer hat das Feuer wirklich gelegt und damit zwei Menschenleben auf dem Gewissen?

Was durch die Beschreibung vielleicht wie ein spannender Mystery Thriller klingt, war im Endeffekt eher eine faszinierende Charakterstudie über die Menschen, die als potenzielle Täter*in infrage gekommen sind. Die Autorin hat ein Händchen dafür bewiesen, interessante und vielschichtige Charaktere zu schaffen, die einem aufzeigen, dass es manchmal gar nicht so einfach ist, die Grenze zwischen richtig und falsch zu ziehen. Dabei punktet die Autorin vor allem mit ihrem Schreibstil und ihrem Jura-Fachwissen und zeichnet eine sehr authentische Gerichtsverhandlung, an der wir als Leser*innen teilhaben dürfen.
Der Fall an sich war aber letzten Endes nicht ganz so packend, wie ich es mir erhofft habe. Bei mir hat sich leider bis zuletzt nicht das Gefühl eingestellt, dass ich so gefesselt von dem Buch wäre, um es nicht mehr aus der Hand legen zu können. Die Handlung an sich hat für mich zu wenig Spannung aufgebaut, sodass auch die Enthüllung des wahren Täters oder der wahren Täterin im letzten Drittel des Buches kein richtiges Schockerlebnis für mich dargestellt hat. Aber darum ging es vermutlich auch gar nicht. Denn wie die Autorin über 500 Seiten lang aufzeigt, hätte nahezu jeder Charakter aus dem Buch der*die Täter*in sein können.

Insgesamt war mir das Buch ein bisschen zu lange und die Schriftgrösse durch die vielen Seiten eher klein gewählt (um das Buch vermutlich nicht noch dicker zu machen), was das Lesen für mich manchmal ein bisschen anstrengend gemacht hat. Man hat jedoch gemerkt, dass die Autorin viel Recherche für ihr Buch betrieben hat und ihr angeeignetes Wissen sehr ausführlich dargestellt. Das Buch hat meines Wissens nach auch autobiografische Züge, die unter anderem durch die Darstellung der Kultur einer koreanischen Familie zum Tragen kommt. Weiter werden Themen wie Autismus, Unfruchtbarkeit, verbotene Beziehungen, Geldprobleme, Familiengeheimnisse und Therapiemethoden ausgiebig behandelt. Für mich war die Menge der Themen etwas zu viel des Guten. Ich hätte es besser gefunden, wenn die Autorin sich auf weniger unterschiedliche Themen fokussiert hätte und dafür die Handlung etwas spannender erzählt hätte. Man hat aber gemerkt, dass viel Arbeit in diesem Debütroman steckt.

Fazit:

"Miracle Creek" ist nicht nur der Titel des Buches, sondern auch der Schauplatz der Handlung. In dieser Kleinstadt hat sich vor einiger Zeit ein schrecklicher Vorfall ereignet, bei dem zwei Menschen ums Leben gekommen sind - eines davon ein Kind, dessen Mutter im Hier und Jetzt ausgerechnet als Täterin vor Gericht gestellt wurde. Nach viel Recherche begibt sich die Autorin in verschiedene Bereiche des menschlichen Lebens und schafft vielschichtige, interessante Protagonist*innen mit Ecken und Kanten, die vor ganz individuellen Problemen stehen. Das Buch ist weniger als spannender Mystery Thriller zu verstehen, sondern vielmehr als eine ausführliche Charakterstudie. Obwohl der Schreibstil zu überzeugen weiss, habe ich bei der Handlung ein bisschen die Spannung vermisst. Dennoch ein solider Debütroman, hinter dem viel Arbeit steckt. Von mir gibt es dafür 3,5 Sterne.

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2 Kommentare

  1. Hallo Mel,

    trotz deiner Kritikpunkte und trotz dass das nicht unbedingt mein typisches Genre ist, hast du mich jetzt ein bisschen neugierig auf dieses Buch gemacht. Irgendwie klingt die Handlung und gerade auch die Erzählweise dennoch irgendwie interesant, sodass ich das Buch mal im Blick behalten werde. :)

    Liebe Grüße
    Dana

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    1. Hallo Dana

      Mein typisches Genre ist es eigentlich auch nicht, ich bin nur auf das Buch gestossen, weil es auch für den Goodreads Choice Award nominiert war :) Schön, dass ich dich damit neugierig machen konnte.

      Liebe Grüsse

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