[Rezension] Als ich Amanda wurde

by - August 09, 2020

(© dtv)

Als ich Amanda wurde
von Meredith Russo

Bewertung: ★★★★☆

YA Contemporary, 304 Seiten
Erscheinungsdatum: 08. September 2017
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft


Inhaltsangabe:
Amanda Hardy hieß nicht immer Amanda. Früher war sie Andrew. Jetzt hat sie endlich die Operationen und die lange Hormontherapie hinter sich und ist auch biologisch ein Mädchen. Bei ihrem Vater in Tennessee, wo niemand sie kennt, möchte sie ein neues Leben beginnen. Zunächst scheint das auch zu klappen: Plötzlich gibt es Freundinnen statt Mobbing und bewundernde Blicke von Klassenkameraden. Doch dann verliebt sich Amanda. So richtig. Mit Grant erlebt sie eine wunderschöne Zeit. Er vertraut ihr und eigentlich will Amanda auch ihm vertrauen und ihm von ihrem früheren Leben erzählen. Nur wie? Amanda setzt auf Zeit – ein gefährliches Spiel ...

Meine Meinung:

Dieses Buch habe ich für meine "4*+ Rating Challenge" gelesen und habe ehrlicherweise noch nie zuvor etwas davon gehört. Ich habe mich dementsprechend ohne Erwartungen auf das Buch eingelassen und wurde positiv überrascht.

Erzählt wird die Geschichte von Amanda Hardy, einer jungen Frau, die nach einem schrecklichen Erlebnis in ihrer alten Schule zu ihrem Vater in eine andere Stadt umzieht. Als Leser*in begleitet man die Protagonistin dabei, wie sie sich in ihrer neuen Schule einlebt und wie sie neue Freundschaften schliesst. Hintergrund für den Umzug und das Mobbing, dass Amanda erlebt hatte, war der Umstand, dass sie Transgender ist. Und damit hat nicht nur sie selbst, sondern auch ihr Vater zu kämpfen.
Die Geschichte wird abwechselnd mit Kapiteln aus der Gegenwart und der Vergangenheit erzählt, wobei die vergangenen Erlebnisse nach und nach aufdecken, wie es zum Umzug kam und wie nicht nur Amanda, sondern auch ihre Eltern mit dem Thema Transgender umgegangen sind.
Im Gegensatz zu den vielen schwierigen Erfahrungen, die die Protagonistin in der Vergangenheit machen musste, vermitteln die Kapitel aus der Gegenwart einen eher positiven Vibe. Amanda findet nicht nur sehr schnell neue Freundinnen, sie verliebt sich auch in einen Jungen, der ihre Gefühle erwidert - ohne, dass er weiss, dass Amanda Transgender ist. Und sie hadert damit, wie sie es ihrem neuen Schwarm erzählen soll...

Das Besondere an diesem Buch ist, dass es sich um einen Own Voice Roman handelt. Das bedeutet, dass die Autorin selbst Transgender ist und teilweise eigene Erfahrungen in die Geschichte mit einfliessen lässt. Dadurch fiel es mir relativ leicht einen Zugang zu Amanda zu finden und mit ihr mitzufühlen. Die schwierigen Erlebnisse aus Amandas Vergangenheit, die nicht nur Gewalt, sondern auch sexuelle Übergriffe beinhalten, werden nur angedeutet, nie aber explizit ausgeschrieben. Doch allein diese vage Vorstellung hat ausgereicht, dass bei mir Mitgefühl ausgelöst wurde. Und auch das Gefühl von Ungerechtigkeit.

Der einzige Kritikpunkt, der mich gestört hat, war der, dass einige Aspekte aus Amandas Leben "schöngefärbt" wurden und viele Schwierigkeiten, mit denen sich Trans Menschen auseinandersetzen müssen, ausser Acht gelassen wurden. Die Autorin schreibt dazu aber in einem Nachwort an ihre Leser*innen, dass sie dies ganz bewusst gemacht hat, weil sie möglichst wenig Angriffsfläche bieten wollte, dass Amanda nicht als Frau angesehen werden würde. So hatte Amanda zum Beispiel die Möglichkeit, bereits vor Einsetzen ihrer Pubertät entsprechende Hormone zu nehmen und auch die Finanzierung für geschlechtsangleichende Operationen stellten kein Problem dar, obschon gerade dies scheinbar für viele Trans Menschen in den USA eine grosse Hürde darstellt. Ich kann Russos Entscheidung zwar nachvollziehen und akzeptieren, fände es aber gerade wichtig, das Thema Transgender so realistisch wie möglich zu schildern und nicht Schwierigkeiten unter den Teppich zu kehren, die damit einhergehen, nur damit wir Cis Menschen Amanda als Frau wahrnehmen - denn genau das ist sie doch auch ohne diese Schönfärberei.

Fazit:

In diesem Own Voice Roman lässt Meredith Russo ihre eigenen Erfahrungen mit einfliessen und erzählt die Geschichte einer jungen Trans Frau, die nach schlimmen Erfahrungen in ihrer Vergangenheit, an einen neuen Wohnort zieht und neue Freundschaften an ihrer neuen Schule schliesst. Während die Gegenwart viele schöne Überraschungen für die Protagonistin bereithält, wird abwechselnd in Kapiteln zu ihrer Vergangenheit beleuchtet, mit welchen schwierigen Erlebnissen Amanda aufgrund ihres Andersseins zu kämpfen hatte. Ein sehr bewegender Roman, der stellenweise (bewusst von der Autorin) etwas "schöngefärbt" wurde, was in meinen Augen nicht notwendig gewesen werde. Ein empfehlenswerter Roman zum Thema Transgender, der von mir 4 Sterne erhält.

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5 Kommentare

  1. Hallo liebe Mel,
    ich habe Amanda auch gelesen und ich kann nur zu gut verstehen, warum dir die Geschichte gefallen hat. Ich fand neben der Geschichte der Protagonistin auch die Nebencharaktere sehr interessant, die ebenfalls ihre kleinen Geheimnisse hatten. An dieser Stelle gehe ich mal nicht ins Detail, um nicht zu spoilern, aber ich denke du weißt, was mir daran gefallen hat (?)

    Dass die Autorin einige Punkte "schön gefärbt" hat, konnte ich anhand des Nachwortes nachvollziehen. Vielleicht war das hier auch wichtig, um das Thema einer größeren Zielgruppe zugänglich zu machen.

    Eine sehr schöne Rezension zu einem sehr wichtigen Buch.

    Ich wünsche dir ein schönes Wochenende.

    Ganz liebe Grüße
    Tanja

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    1. Ja, ich kann verstehen, was du an den Nebencharakteren mochtest :)

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  2. Hallo liebe Mel,

    ich habe das Buch vor zwei Jahren gelesen und mochte es damals auch sehr gerne. Ich mochte es auch, wie vielschichtig oft die Charaktere waren, aber ja, ich kann den Kritikpunkt nachvollziehen, auch wenn ich da umgekehrt auch die Entscheidung der Autorin respektiere.

    Liebe Grüße
    Dana

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    1. Also wie gesagt, ich kann die Entscheidung der Autorin nachvollziehen und akzeptieren, hätte das Buch ohne diesen Punkt aber vermutlich besser gefunden.
      Wobei ich von einer Blogger-Bekannten darauf hingewiesen wurde, dass die Autorin ihre Ex-Partnerin misshandelt hat und es darüber sogar Gerichtsakten gibt. Das hat bei mir nach dem Lesen nun doch einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen. :/

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    2. Krass, das höre ich zum ersten Mal!! :O Das klingt mega heftig. :/

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